Interview -

Zulieferer setzen Baumaschinenhersteller unter Preisdruck

Wacker Neuson setzt auf Produktion und Service vor Ort / Hauseigene Recruiting-Messe für die Fachkräfte-Suche

DBU/Berlin – Vor einem Jahr hat der Aufsichtsrat von Wacker Neuson Martin Lehner an die Spitze des Münchner Konzerns berufen. Bereits seit 2004 gehört Lehner dem Vorstand an – zunächst verantwortlich für Vertrieb und Marketing, später für Entwicklung, Technik und Produktion. Unter seiner Führung sind die Maschinen und Geräte der Unternehmensgruppe Wacker Neuson gefragt wie nie zuvor, die Bilanzzahlen sind glänzend. Im Juni kündigte der Konzern Preisanpassungen für sämtliche Produktgruppen an (siehe Der BauUnternehmer, Juni 2018). DBU-Herausgeber Ralf Emminger sprach mit Wacker Neuson CEO Lehner in Berlin über die Gründe der Preisanpassung, über den Fachkräftemangel und die Antriebstechnologien der Zukunft.

Der BauUnternehmer (DBU): Herr Lehner, Ihr Konzern hat angekündigt, die Preise seiner Produkte zu erhöhen. Warum?
Martin Lehner: In den zurückliegenden zehn Jahren waren die Preise für Baumaschinen und -geräte branchenweit stabil. Dabei hatte sich die Maschinenproduktion im Schnitt um 10 bis 15 Prozent verteuert.
Nun aber ziehen die Zulieferer der Baumaschinen-Hersteller drastisch die Preise an. Deren Auftragsbücher sind prall gefüllt und wir müssen bereits längere Lieferzeiten für unsere Bestellungen akzeptieren. Derzeit können es sich die Zulieferer fast aussuchen, wen sie beliefern.
In dieser starken Position geben die Hersteller von Motoren, Getrieben, Hydraulik die Preissteigerungen bei Rohmaterialen, Transportkosten und Löhnen an uns weiter.
Um auch weiterhin wirtschaftlich und qualitativ hochwertig produzieren zu können, müssen Maschinenhersteller diese Preiserhöhungen gemeinsam mit ihren Kunden tragen, so auch wir.

DBU: Warum hat die Baumaschinen-Branche die gestiegenen Produktionskosten der vergangenen Jahre nicht an die Bauunternehmen weitergereicht?
Lehner: Hauptkostentreiber der zurückliegenden Jahre waren die stetigen Verschärfungen der Abgasvorschriften, die zum Teil zu enor­men Änderungen bei Konstruktion und Design der Maschinen führten.
Wir haben gleichzeitig auch die Effizienz und Leistungsfähigkeit unserer Maschinen gesteigert, aber die höhere technische Komplexität der Maschinen haben auch Wartungsaufwand und -kosten in die Höhe getrieben. Zudem sind die Maschinen im Wiederverkauf limitierter als ihre Vorgänger, da ein Export von gebrauchten Maschinen in Länder mit schlechterer Kraftstoffqualität oftmals nicht möglich ist.

DBU: Bereitet Ihnen die „Billig-Konkurrenz“ aus China Sorgen?
Lehner: Ich vergleiche die heutige Situation, in der viele Unternehmen aus China auf den europäischen Markt drängen, gern mit der Lage vor 20 oder 25 Jahren, als die Hersteller aus Südkorea auf der bauma in München auftauchten, mit Maschinen, die 30 Prozent weniger kosteten als die europäischen Produkte. Auch damals fürchtete unsere Branche einen Verdrängungswettbewerb. Doch passiert ist tatsächlich wenig.
Viele Vertriebspartner in unserer Branche sind Familienunternehmen wie wir. Für diese Mittelstandsunternehmen ist es sehr schwierig, komplexe Geschäftsvorgänge wie Garantieabwicklung oder Kundenschulungen mit Unternehmen aus China zu erledigen.
Baumaschinen haben einen langen Lebenszyklus. Sie benötigen eine fachkundige Betreuung ohne größere Sprachbarrieren. Da ist es schwierig, wenn man nicht vor Ort produziert. Das ist mit ein Grund, warum wir in China und in den USA produzieren – nicht weil die Maschinenproduktion dort günstiger ist, sondern: Wer vor Ort erfolgreich sein will, muss vor Ort produzieren.

DBU: Herr Lehner, der nun seit neun Jahren anhaltende Boom hat nicht nur in der Bauwirtschaft die Fachkräfte knapp werden lassen. Wie begegnet Ihr Konzern dem Fachkräftemangel?
Lehner: Im Herbst des letzten Jahres haben wir unsere Unternehmensstrategie weiter geschärft und unsere Mitarbeiter noch stärker in den Fokus unserer Konzernstrategie gerückt.
Neben dem Ausbau unserer Schulungsprogramme für unser Management und angehende Führungskräfte setzen wir ganz klar auf Fachkompetenz aus den eigenen Reihen: Wir intensivieren an unseren Produktionsstandorten die Aktivitäten in der Lehrlingsausbildung.
Auch wir haben erkennen müssen, dass es immer schwieriger wird, passende junge Leute für unser Unternehmen zu finden. Daher investieren wir viel in die Berufsausbildung – auch in den USA. Dort erarbeiten wir gemeinsam mit dem US-Bundesstaat Wisconsin, wo wir in der Stadt Menomonee Falls Kompaktlader für den US-Markt fertigen, ein Ausbildungsprogramm, das sich am System in Deutschland und Österreich orientiert. In Serbien, wo unser Konzern ein Stahlbauwerk betreibt, steht ein ähnliches Projekt in den Start­löchern.

Heute suchen wir teilweise auch andere Leute als vor fünf Jahren. Wir brauchen mehr Elektroniker und Software-Spezialisten. Diese Berufe waren vor zehn Jahren für uns kein Hauptthema.
Doch für manche Informatik-Absolventen gehören wir zur „old economy“ und sind auf den ersten Blick wenig interessant. Hier brauchen wir dringend einen Image-Wandel, denn gerade in unserer Branche sind hinsichtlich der fortschreitenden Digitalisierung viele Dinge in Bewegung und eröffnen spannende Aufgabenbereiche.
Eine sehr erfolgreiche Maßnahme war kürzlich unsere erste hauseigene Recruiting-Messe. An einzelnen Ständen haben wir unsere Unternehmensabteilungen und deren Entwicklungsarbeit vorgestellt. Über 700 Besucher kamen in unser Werk im oberösterreichischen Hörsching bei Linz.

DBU: Sie suchen verstärkt Elektroniker. Deutet das daraufhin, dass Baumaschinen künftig nur noch elektrisch angetrieben werden?
Lehner: Meines Erachtens wird es in der Zukunft eine Mischung aus verschiedenen Antriebsformen geben. Unser Konzern konzentriert sich seit vielen Jahren auf „zero emission“, dennoch sind wir noch immer weit davon entfernt, nur noch E-Maschinen zu fertigen. Außer­dem sind die Abgasemissionen der Dieselmotoren in den letzten fünfzehn Jahren um 95 Prozent reduziert worden. Und ab 2019/2020 folgt mit der Abgasstufe EU V eine nochmalige Reduzierung. Damit hat Europa die strengsten Vorgaben und die saubersten Motoren weltweit.
Im Leistungsbereich von 18 bis etwa 25 Kilowatt ist eine elektrisch betriebene Baumaschine mittlerweile wirtschaftlich darstellbar. Und diese werden wir aufgrund von Feinstaubgrenzwerten in Städten auch immer stärker anbieten. Londons Bürgermeister hat bereits im letzten Jahr angekündigt, die Emissionen dieselbetriebener Baumaschinen in der Metropole an der Themse zu halbieren.
Die Vermietbranche in und um Paris hat auch bereits begonnen, sich mit dem verstärkten Kauf von E-Maschinen auf ein Verbot von Diesel-Maschinen einzustellen. Hierfür bieten wir heute bereits ein leistungsfähiges Portfolio elektrischer Baugeräte und Maschinen, um städtische Baustellen zu bedienen, die im Übrigen auch sehr leise arbeiten.
Für den wirtschaftlichen Einsatz von E-Maschinen stellen die hohen Batteriepreise noch immer eine Herausforderung dar. Gleichzeitig entwickelt sich die Technik und Leistung so rasant, dass heute eingebaute Batterien bald durch noch leistungsfähigere ersetzt werden können.
Wir arbeiten derzeit intensiv daran, das Investitionsrisiko eines batteriegestützten Antriebes für unsere Kunden durch Leasing- und Mietmodelle zu minieren. Berücksichtig man die reduzierten Wartungs- und Servicekosten der elektrischen Antriebe, dann rechnen sich die höheren Anschaffungskosten jedoch bereits nach drei Jahren.
Wir stehen auch in Kontakt mit Unternehmen, die den gebrauchten Batterien aus unseren Baumaschinen zu einem „zweiten Leben“ verhelfen – zum Beispiel als statio­närer Stromspeicher, der dabei hilft, Leistungsspitzen im Netz abzufedern.

Herr Lehner, vielen Dank für das Gespräch.

Die Fragen stellte Ralf Emminger, Verleger und Herausgeber von Der BauUnternehmer.

Erschienen in Ausgabe: Juli 2018 | Seite 3

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