Kommentar -

Zu schlank krankt

von DBU-Redakteur Heiko Metzger

Es hat in den 1990er Jahren begonnen. Der „schlanke“ Staat kam in Mode. Überall wurden Stellen im öffentlichen Dienst gestrichen. Selbst die Polizei, Schulen, Universitäten und Krankenhäuser waren betroffen. Doch am häufigsten wurden Stellen in der öffentlichen Verwaltung gestrichen.
Gut möglich, dass die Behörden damals „aufgeblasen“ waren. Gerade der Hauptstadt Berlin wurde immer wieder vorgeworfen, über einen überdimensionierten Beamtenapparat zu verfügen. Aus historischen Gründen war das damals bestimmt zutreffend.

Doch schnell etablierte sich die Forderung nach weiteren Stellenstreichung als politischer Normalfall. Auch in den 2000er Jahren war es für einen Politiker politisch unklug, Einstellungen im öffentlichen Dienst zu forcieren. Für ein Maß der politischen Tatkraft war die Zahl der eingesparten Arbeitsplätze geworden.
Der Bogen wurde überspannt.

Jetzt sind bestimmte Behörden soweit in ihrer Personalausstattung beschnitten, dass ihre Arbeitsfähigkeit nicht mehr gewährleistet ist. Trauriges Beispiel hierfür sind die Baubehörden in Berlin. Personalmangel sorgt immer wieder für Verzögerungen bei Bauprojekten. Die Baubetriebe können zum Beispiel ihre Arbeit nicht aufnehmen, weil die Verkehrslenkung Berlin ihre Arbeit noch nicht abgeschlossen hat.
Das Problem ist schon länger bekannt. Die Politik hat Besserung versprochen, und tatsächlich wurde auch zusätzliches Personal eingestellt.

Doch jetzt zeigt sich, mehr Personal führt nicht unverzüglich zu einem schnelleren Arbeiten der Behörden oder verbesserten Bauherrenkompetenz. Die neuen Mitarbeiter müssen eingearbeitet werden. Ihnen fehlt es noch an Erfahrung. Sie können einfach noch nicht die gleiche Leistung erbringen wie die bewährten „Amtsveteranen“.
Und die Situation kann sich schnell noch weiter verschärfen. Denn eine große Anzahl an Verwaltungsmitarbeitern steht kurz vor dem Eintritt ins Rentenalter. Deren Erfahrung und Kompetenz ist unwiederbringlich verloren, wenn jetzt nicht weitere junge Menschen eingestellt und eingearbeitet werden .

Eine gute Behörde ist nicht so „schlank“ wie möglich, sondern arbeitet so effektiv wie nötig und dabei so effizient wie möglich.

Erschienen in Ausgabe: Juni 2016 | Seite 2

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