von Jasch Zacharias

„Wer nicht investiert, wird abgehängt“

Digitalisierung wird für Bauwirtschaft 2020 bei Infrastrukturprojekten verpflichtend

DBU/Berlin – BIM (Building Information Modeling) wird Ende 2020 verpflichtend – zunächst nur für Infrastrukturbauten. Um Kosten zu minimieren und Risiken zu reduzieren soll bei der Vergabe öffentlicher Aufträge für den Bundesinfrastrukturbau und den infrastrukturbezogenen Hochbau künftig vor allem auf digitale Verfahren sowie BIM als Grundlage für Planung, Realisierung und Dokumentation gesetzt werden. Doch längst nicht jedes Unternehmen ist schon zu Bauen 4.0. bereit.

Das Bundesverkehrsministerium und das Bundesbauministerium forcieren den Druck auf die Bauwirtschaft zur ganzheitlichen Umstellung zu digitalem Planen, Bauen und Betreiben von Bauprojekten. Am 29. Januar ist nun in Berlin die nächste Stufe des Umwälzungsvorhabens gezündet worden. Zunächst begrenzt für einen Zeitraum bis 2023, aber wahrscheinlich auch darüber hinaus hat das vom Bund mit umfangreichen Finanzmitteln ausgestattete nationale Zentrum für die komplette Digitalisierung des Bauwesens „BIM Deutschland“ seine Arbeit aufgenommen.


Neue Geschäftsstelle von „BIM Deutschland“ ist in Berlins Mitte
Die Geschäftsstelle hat ihren Sitz in Berlin-Mitte. Leiter ist Jan Tulke, Geschäftsführer der planen-bauen 4.0 GmbH. „BIM Deutschland“ vernetzt die entscheidenden Akteure, bündelt das Know-how, arbeitet aktiv mit an seiner Weiterentwicklung und stellt die dabei erarbeiteten Informationen, offenen Standards und Produkte sowohl dem öffentlichen Bau als auch der gesamten Wertschöpfungskette Bau zur Verfügung. „Wir beraten unter anderem mittelständische Unternehmen, wenn es um Investitionen in die Digitalisierung geht und unterstützen sie bei der Weiterbildung der Mitarbeiter“, sagt Jan Tulke dem „Bauunternehmer“. Eine wichtige Aufgabe zuerst sei es allerdings, so bekannt zu werden, dass möglichst alle Unternehmen der Bauwirtschaft vom kleinen Handwerksbetrieb auf dem Land bis zu den großen Playern der Industrie das Angebot der Geschäftsstelle nutzen. Eine gute Gelegenheit hierfür hat Tulke und sein Team bei der erstmals veranstalteten Messe „digitalBau 2020“ in Köln genutzt. Zahlreiche Unternehmer und ihre Interessensvertreter haben sich am großzügig zentral platziertem Stand 345 in Halle 7 die Klinke in die Hand gegeben. Einer von ihnen: Dirk Stauf, Co-Geschäftsführer der Bundesvereinigung mittelständischer Bauunternehmen (BVMB). „Unseren Mitgliedern ist der Mehrwert von BIM ein zentrales Anliegen. Wir sind dazu bereit, aktiv in Arbeitsgruppen mitzuwirken, damit die Bauwirtschaft auch tatsächlich von der Digitalisierungsinitiative des Bundes profitieren kann“, sagt Stauf.

Deutsche Unternehmen hinken bei Digitalisierung hinterher
Michael Fritz, Geschäftsführer des Bundesverbands für Bausoftware (BVBS), gemeinsam mit der Messe München ein zentraler Programmgestalter der ersten „digitalBau2020“ sieht Deutschlands Bauunternehmen hingegen dringend in der Pflicht, bei der Digitalisierung mehr Gas zu geben: „Wer den besten Zeitpunkt für Investitionen in die Digitalisierung verpasst, läuft Gefahr abgehängt zu werden“, sagt Fritz dem „Bauunternehmer“. Dass der Bund nun bei der Planung von Infrastruktur Nägel mit Köpfen macht und auf BIM umstellt, sei so ein Zeitpunkt. Deutsche Unternehmen, die jetzt nicht in die entsprechende Anwender-Software investieren und deren Mitarbeiter nicht das entsprechende Know-how aneignen, laufen Gefahr, bei künftigen Ausschreibungen außen vor zu bleiben. Da ist sich Fritz sicher. Zumal viele Konkurrenzunternehmen aus dem europäischen Ausland, da schon viel weiter entwickelt seien, sagt er.

Diese Einschätzung teilt auch Lutz Bettels, Vize-Präsident Regional Executive Europe für Bentley Systems: „Für uns als weltweit agerenden Konzern ist Deutschland als Markt noch sehr ausbaufähig“, sagt er dieser Zeitung. Bentley und andere internationale Bausoftware-Konzerne seien längst dabei, zum Beispiel in den USA, dem Vereinigten Königreich und Skandinavien, den nächsten digitalen Evolutionsschritt von BIM hin zu einer ganzheitlichen Planung und Realisierung von kompexen Großbauprojekten unter Anwendung so genannter digitaler Zwillinge erfolgreich zu vermarkten. Diese 3D-BIM-Modelle in der Simulation werden für die ganzheitliche digitale Planung, Realisierung und Dokumentation im gesamten Bauwesen sowohl für kleine und mittelständische Unternehmen als auch die ganz großen Player der Bauindustrie-Konzerne in Zukunft von zentraler Bedeutung sein. Davon ist auch Thomas Kirmayr vom Fraunhofer-Institut für Bauphysik überzeugt. wie er bei seinem Vortrag bei der „digitalBau“ in Köln eindrücklich schilderte.

Mit 270 Ausstellern ist die eigens als Digital-Ableger der „BAU“ erstmals veranstaltete „Fachmesse für digitale Lösungen in der Baubranche“ bei deutschen Bauunternehmen nach einer ersten Bilanz des Veranstalters suf große Resonanz. getroffen. Möglicherweise wird im Nachgang dieser klassischen Netzwerk-Plattform nun auch bei der mit guten Geschäftszahlen glänzenden aber gleichzeitig trotzdembodenständig gebliebenen Bauwirtschaft der Groschen für mehr Investitionen Digitalisierung fallen. Das hoffen jedenfalls die Anbieter von Bausoftware

von Jasch Zacharias

Erschienen in Ausgabe: Maerz 2020 | Seite 03

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