von Christian Schönberg

Klimasünde? Vier Indonesier verklagen Baukonzern
Edi Mulyono, Ibu Asmania, Pak Bobby und Arif Pujiyanto werfen dem Hersteller vor, für Schäden auf der Insel Pari verantwortlich zu sein
Drei Männer und eine Frau aus Indonesien haben den Schweizer Baukonzern Holcim verklagt. Edi Mulyono, Ibu Asmania, Pak Bobby und Arif Pujiyanto werfen dem Unternehmen vor, wegen seines hohen Treibhausgas-Ausstoßes in der Vergangenheit für Überschwemmungen in ihrer Heimat verantwortlich zu sein.
Die Indonesier stammen von der Insel Pari. Haupteinnahmequellen dort sind die Fischerei und der Tourismus. Beide Wirtschaftszweige haben in der jüngeren Vergangenheit mehrfach unter Fluten gelitten, die auf einen steigenden Meeresspiegel zurückzuführen sind.
Gericht im Kanton Zug verhandelt den Zivilstreit
Die Klage der Vier wird vor dem Zivilgericht des Kantons Zug verhandelt, wo der Baustoffhersteller seinen Hauptsitz hat. Der Prozess hat Anfang September begonnen. Die Forderungen der Kläger belaufen sich neben den Entschädigungen bereits verlorener Sachwerte auch darauf, dass der Hersteller Hochwasserschutzmaßnahmen finanziert. Laut „Legal Tribune Online“ (LTO) verlangen die Fischer 14.000 Franken von dem Konzern.
Holcim stellt weltweit mit 48.000 Mitarbeitern den begehrten Baustoff her, der als Bindemittel das Herz des vielfach verbauten Betons bildet. In Deutschland betreibt er unter anderem den Standort in Lägerdorf (Bild: Christian Schönberg). Mit der Zementproduktion soll der Konzern demnach weltweit zwischen 1750 und 2021 für 0,42 Prozent aller Treibhausgasemissionen verantwortlich war. Das soll das Doppelte davon sein, was die Schweiz allein an Treibhausgasen seitdem emittiert hat.
Eingeklagt wird auch das Verringern des CO2-Fußabdrucks
Eingeklagt wird neben den Hochwasserschäden und dem Schutz vor Fluten auch die Verringerung der Emissionen. Der Konzern soll sie, so die Kläger, bis 2030 um 43 Prozent und bis 2040 um 69 Prozent reduzieren. Das entspreche dem Reduktionspfad des Weltklimarats, heißt es bei LTO.
Holcim selbst weist alle Anklagepunkte von sich. Der Hersteller hält den eingeschlagenen Rechtsweg an sich für fraglich und beharrt darauf, dass der Ausstoß von Treibhausgasen gesetzlich zu regeln ist. Ein Zivilgericht dürfe das nicht ohne solche Grundlage bestimmen: "Wer wie viel CO2 ausstoßen darf, ist unseres Erachtens eine Kompetenz des Gesetzgebers", wird ein Unternehmenssprecher zitiert. Zudem, heißt es bei den Schweizern, sei es gelungen, die eigenen CO2-Emissionen seit 2015 bereits um mehr als 50 Prozent zu verringern. Der Weg zu einer weiteren Verminderung werde weiter beschritten. Das gilt zum Beispiel für Lägerdorf, so CO2 nicht einfach in die Atmosphäre entlassen, sondern eingefangen und als Rohstoff genutzt werden soll (DBU berichtete).
Saúl Luciano Lliuya aus Peru verliert Prozess gegen RWE
Auch in Deutschland hat es schon Klagen von Übersee wegen des menschengemachten Klimawandels gegeben. Das Oberlandesgericht Hamm war jüngst zu dem Schluss gekommen, dass Emittenten grundsätzlich haftbar gemacht werden können. Im seinerzeit vorliegenden Fall eines klagenden Peruaners Saúl Luciano Lliuya wies es dennoch dessen Ansinnen nach Entschädigung durch den Stromproduzenten RWE ab. Eine unmittelbare Flutbedrohung des peruanischen Hausbesitzers sei nicht hinreichend zu erkennen, hieß es seinerzeit.
von Christian Schönberg