von Christian Schönberg

Tunnelbohrmaschinen machen Weg für Kairoer U-Bahn frei
Zwei Tunnelbohrmaschinen graben sich übereinander vor
Ägypten ist für seine antiken Kulturschätze bekannt. Die moderne Mobilität nimmt aber einen immer größeren Platz im Herzen des touristisch attraktiven und bevölkerungsreichsten Landes Nordafrikas ein. Dafür steht die U-Bahn der Metropole Kairo. Die Linie 4 wird derzeit durch ein technisch äußerst anspruchsvolles Großprojekt erweitert: die Station Gizeh.
Mit einer geplanten Tiefe von 81 Metern gehört der U-Bahnhof zu den tiefsten der Welt, wenn er Ende dieses Jahres den Planungen gemäß in Betrieb genommen werden kann. Zu den großen Besonderheiten des Baus gehört unter anderem der Einsatz von zwei Tunnelbohrmaschinen übereinander. Doch sie könnten die Freiräume im tiefen Erdreich nicht herstellen, wenn zuvor nicht Spezialtiefbauarbeiten für die nötige Sicherheit der Bauwerkserstellung sorgen.
Seilbagger Bauer MC 96 im Doppelschicht-Betrieb
Beauftragt damit wurde Bauer Egypt S.A.E., ein Tochterunternehmen der deutschen Bauer Spezialtiefbau GmbH. Es setzte unter anderem seinen Seilbagger Bauer MC 96 ein. In Doppelschichten liefen an sechs Tagen in der Woche die Spezialtiefbauarbeiten seit November vorigen Jahres. Bis Mai waren 84 der insgesamt 209 nötigen Schlitzwände eingebaut worden.
Für die Gründungsarbeiten der neuen Station in Kairos Stadtteil Gizeh kommen gleich zwei Verfahren zum Einsatz. Da gibt es zum einen die Schlitzwände. Ein Teil von ihnen ist 81 Meter tief und hat eine Stärke von 1,20 Metern. Andere Schlitzwände reichen 47 Meter tief in den Boden und weisen mit 1,50 Metern eine leicht größere Stärke auf.
Zum anderen werden sogenannte Barrettes eingesetzt. Bei ihnen handelt es sich um Tiefgründungs-Elemente, die höhere Lasten tragen können – im Fall der Gizeh-Station bis zu 3.600 Tonnen, wie das Einbauunternehmen berichtet. Die Barrettes kommen dafür 81 beziehungsweise 35 Meter tief in den Boden – bei gleichem Durchmesser wie die „normalen“ Schlitzwände.
U-Bahn-Station erstreckt sich über Fläche von 5.543 m²
Nach Abschluss der Arbeiten wird sich die Gesamtfläche der Station über rund 5.543 Quadratmeter erstrecken. „Bei dieser Größenordnung und Tiefe gibt es keine Toleranz für Abweichungen – da zählt jeder Zentimeter“, erklärt Karim Galal, Projektleiter bei Bauer Egypt. Umgesetzt wird das Vorhaben mit dem „Bauer Construction Process“. Er umspannt den gesamten Projektzyklus mit Beginn der Vertragsphase, die Steuerung und Überwachung bis zur kompletten Fertigstellung. „Das Verfahren gibt uns eine klare Struktur und Orientierung“, erzählt Galal. Alle Projektbeteiligten arbeiten nach denselben Standards.
Der Bau der Gizeh-Station erfordert Präzision in der Tiefe und ein Höchstmaß an logistischer Koordination. Bestimmte Bereiche der Baustelle werden noch bis November 2025 vom Auftragnehmer genutzt, um einen bestehenden Tunnel zu verfüllen. Diese Maßnahme ist notwendig, damit die Schlitzwandboxen Drei und Vier im Hauptbahnhof ausgehoben werden können.
Bauarbeiten auf engstem Raum und unter enormem Zeitdruck
Die Bauarbeiten erfolgen dabei in mehreren Phasen. „Wir arbeiten hier unter Bedingungen, die alles andere als alltäglich sind – auf engstem Raum und unter enormem Zeitdruck“, so Galal. Nicht zuletzt muss auch das Arbeiten der beiden Bohrmaschinen übereinander mitbeachtet werden – einer Tunnel-Methode, die bislang in Ägypten noch nicht angewandt worden ist.
„Die Logistik, die Tiefe und die ständige Koordination mit anderen Gewerken stellen uns täglich vor neue Herausforderungen, aber genau das macht dieses Projekt so besonders“, betont Galal. Der geplanten Fertigstellung der Spezialtiefbauarbeiten stand bis Mitte des Jahres nichts im Weg.
Foto: Bauer SE
von Christian Schönberg
Erschienen in Ausgabe: August 2025