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Studie: Klimaschutz verhindert bezahlbares Wohnen

Höhere Standards verteuern Baukosten enorm – Energiespareffekt ist gering

DBU/Berlin – Klimafreundliches Bauen nach immer höheren Klimaschutzstandards treibt die Baukosten in Deutschland drastisch nach oben. Das dadurch erzielte Energieeinsparpotenzial fällt hingegen bescheiden aus. Das ist das ernüchternde Ergebnis der Studie „Auswirkungen energetischer Standards auf die Bauwerkskosten und die Energieeffizienz im Geschosswohnungsbau“.

Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) und die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE) haben gemeinsam eine Studie veröffentlicht, die die Entwicklung energetischer Standards bei Neubauten von 1995 bis zum höchstmöglichen Standard der Energieeinsparverordnung (EnEV), dem Effizienzhaus 40 im Vergleich zu Bauwerkskosten sowie dem Energieverbrauch von Gebäden analysiert hat. Das Ergegebnis ist ernüchternd: „Bei einer Anhebung der Standards von dem derzeit geltenden EnEV 2016 auf Effizienzhaus 40 steigen allein die Bauwerkskosten um 260 Euro pro Quadratmeter, das sind bei 100 Quadratmeter Wohnfläche bereits 26.000 Euro . Dagegen ist das Energieeinsparpotenzial mit 18 Kilowattstunden pro Quadratzmeter pro Jahr vergleichsweise gering,“ so ZDB-Präsident Reinhard Quast,

Zwar ist laut Studie klar, dass Gebäude, die in hohen energetischen Standards errichtet werden, geringe Energieverbräuche und Emissionen haben. „Aber die Entwicklung bei Kosten und Verbräuchen laufen nicht linear. Bei ambitionierten energetischen Standards steigen die Kosten aufgrund des hohen baukonstruktiven und anlagentechnischen Aufwands exponenziell an, während die Kurve des möglichen Einsparpotenzials beim Energieverbrauch immer weiter abflacht,“ so Dietmar Walberg von der ARGE, der für die Studie verantwortlich zeichnet. Mit anderen Worten: „Die letzten Prozente Einsparung bei den Energieverbräuchen kosten überproportional viel. Damit verteuert sich das Bauen und das Wohnen. Auch die Mieten steigen. Das muss man wissen, wenn man eine weitere Verschärfung der Standards fordert,“ erläutert ZDB-Präsident Quast die Situation.

Damit Bau- und Wohnkosten bezahlbar bleiben, dürfen nach Überzeugung der Bauwirtschaft weder die Standards der Energieeinsparverordnung noch weiter erhöt werden. „ Asonsten würgen wir die ohnehin niedrige Sanierungsquote von unter einem Prozent vollends ab, “ sagte Quast bei der Vorstellung der Studie. Vor diesem Hintergrund fordert sein Verband das Klimakabinett unter dem Vorsitz von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, einen deutlichen Förderschwerpunkt auf die energetische Gebäudesanierung zu legen, um den CO2-Ausstoß in Deutschland künftig drastisch zu senken. Aus Sicht des ZDB müssten dabei Einzelmaßnahmen im Fokus stehen, um die Investitionsschwelle möglichst niedrig anzusetzen.

Konkreter Vorschlag des Baugewerbes ist es, die Förderung in die energetische Sanierung auf 20 Prozent der Kosten (bis zu 10.000 Euro) je Einzelmaßnahme zu verdoppeln, um Anreize für Investitionen zu schaffen. Steuerlich sollen diese Einzelmaßnahmen zudem bis zu 10.000 Euro direkt absetzbar sein. Eine komplexere Kombination mehrerer Maßnahmen müsste kumulativ bemessen werden. Das bedeutet, dass bei beispielsweise drei Sanierungsprojekten in einem Mehrfamilienhaus eine Förderung von bis zu 30.000 Euro sowie eine steuerliche Abzugsfähigkeit von bis zu 30.000 Euro möglich ist

„Um Wohnungsbau, Neubau wie auch Sanierung im Bestand klimafest aufzustellen, bedarf es eines Bündels von Maßnahmen. Dabei muss es gelingen, Bauen – und damit auch Wohnen – weiterhin bezahlbar zu halten, so Quast. Der Präsident des Deutschen Handwerks (ZDH) Hans Peter Wollseifer warnt indes Bundesregierung und Klimakabinett davor, klein- und mittelständisch geprägte Handwerksunternehmen als „Umsetzer der Energiewende“ noch stärker als bislang schon durch höhere Auflagen zu belasten.

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Erschienen in Ausgabe: Seite 2| Oktober 2019

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