von Jasch Zacharias

Sensoren melden Risse bei laufendem Betrieb

Karlsruher Institut für Technologie entwickelt Methode zur Zustandsbestimmung von Brücken

DBU/Berlin – Nach dem Einsturz der Autobahnbrücke im italienischen Genua mit 43 Toten im vergangenen Sommer stehen auch Deutschlands Fernstraßenbrücken unter kritischer Beobachtung. Sachverständige müssen dabei zwischen Flensburg und Garmisch etwa 40.000 Kilometer überprüfen. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat jetzt ein neuartiges Konzept zur Zustandsbestimmung von Brücken entwickelt. Dabei werden mit Hilfe von Radarsensoren und Algorithmen kleinste Veränderungen im Brückenbauwerk frühzeitig aufgespürt.

Der stark zunehmende Auto- und Lastwagenverkehr belastet die oft in die Jahre gekommenen Brücken auf deutschen Fernstraßen in einem Ausmaß, das noch nicht abzusehen war, als sie errichtet wurden. Da Schäden an der Bausubstanz im frühen Stadium auch mit sehr großem Aufwand kaum zu erkennen sind, bleibt der tatsächliche innere Zustand einer Brücke oft lange unbestimmt. Sanierungsmaßnahmen werden häufig erst verspätet und unter Zeitdruck ergriffen.

Um dem Problem abzuhelfen, arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des KIT an einer Methode, den wahren Zustand von Brücken rechtzeitig zu ermitteln, ohne in die Bausubstanz eingreifen zu müssen.

40.000 Brücken-Kilometer müssen geprüft werden
 Die Aufgabe ist gewaltig: Brücken nehmen im Bundesfernstraßennetz eine Gesamtlänge von fast 40 000 Kilometern ein. Sie überqueren Straßen, Bahntrassen, Gewässer oder Täler und sind ein unersetzbarer Teil der kritischen Verkehrsinfrastruktur. Werden sie beschädigt, so sind Staus, Umwege und damit Belastungen für Umwelt und Wirtschaft die unmittelbare Folge.

Eine einfache Methode, ihre Verfassung zu ermitteln, könnte somit sehr viel Geld sparen. Sina Keller vom Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung des KIT will das Problem im Projekt „Zebra mit Radarsensorik in Kombination mit intelligenten Algorithmen angehen.

„Wenn Fahrzeuge auf eine Brücke fahren, versetzen sie diese in Schwingung. Diese Bewegungen zeichnen wir mit hochpräzisen Radargeräten auf“, sagt die Mathematikerin. Speziell entwickelte Computer-Algorithmen analysieren die Radarsignale, die das Schwingungsverhalten der Brücke wiedergeben. Diese werden unter anderem in Kooperation mit Forscherinnen und Forschern des Instituts für Automation und angewandte Informatik des KIT erarbeitet. „Gibt es dabei Abweichungen von der Norm der Schwingungen der jeweiligen Brücke, ist das ein Hinweis auf Schäden an der Bausubstanz“, so Keller. Mit der Methode lassen sich Veränderungen sehr genau lokalisieren, sodass sich auch Schäden in einzelnen Brückensegmenten wie Pfeilern oder Fahrbahnabschnitten erkennen lassen.

Mobile Instrumente messen
ohne Verkehrsbehinderungen
Im Zuge der neuen Methode wollen die Forscher zudem leicht zu transportierendes Instrumentarium einsetzen. So können alle Messungen mobil vor Ort ohne Verkehrsbehinderungen ablaufen. Es müssen auch keine Sensoren fest installiert werden. Das Prüfverfahren zeichne sich durch geringe Kosten und eine leichte Bedienbarkeit aus, versprechen die Wissenschaftler. Es gebe Verkehrs- und Baubehörden dadurch die Möglichkeit, Sanierungsmaßnahmen längerfristig und gezielt zu planen. 

Das Projekt „Zebra“ läuft bis 2021 und wird vom Bundesmi­nisterium für Bildung und Forschung mit insgesamt 1,5 Millionen Euro gefördert. Weitere Partner des Projekts sind die ci-Tec GmbH, Karlsruhe sowie das Büro für Strukturmechanik in Coburg.

von Jasch Zacharias

Erschienen in Ausgabe: Seite 10| Mai 2019

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