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SDBtransfer revolutioniert Umgang mit Sicherheitsdatenblättern

Elektronischer Standard ist wichtiger Digitalisierungsschritt der Bauwirtschaft

DBU/Berlin – SDBtransfer ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Digitalisierung der Bauwirtschaft. Das innovative System ermöglicht den elektronischen und strukturierten Austausch von Sicherheitsdatenblättern (SDB) entlang der gesamten Bau-Lieferkette. Ab Mai steht SDBtransfer bereit. An der Entwicklung waren die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau), die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI), die Deutschen Amphibolin-Werke (DAW), acht namhafte Softwarefirmen und ein Dienstleister beteiligt. Ein vergleichbares System liegt für keine andere Branche vor. Eine Übertragung in andere Wirtschaftsbereiche wird bereits diskutiert.

Sicherheitsdatenblätter gehören zum Betriebsalltag in jedem Baubetrieb. Denn das europäische Chemikalienrecht schreibt vor, dass Hersteller und Lieferanten die Abnehmer ihrer gefährlichen Stoffe und Gemische über Risiken und Schutzmaßnahmen informieren. Das geschieht mittels Sicherheitsdatenblätter. Zu diesen laut Gesetz gefährlichen Stoffen und Gemischen gehören auch viele Produkte, die in der Bauwirtschaft verarbeitet werden.
Betrachtet man nur die Lieferkette von Bauchemikalien sind alleine in Deutschland von dieser Regelung 2.000 Chemiebetriebe, 400 Hersteller von Bau-Chemikalien, 2.500 Baustoff-Fachhändler und rund 570.000 Betriebe der Bauwirtschaft betroffen. Sie alle benötigen die Sicherheitsdatenblätter. Baubetriebe müssen zudem die SDB verarbeiteter Baustoffe zehn Jahre aufbewahren. „Selbst für ausgehärteten Zement“, sagte Norbert Kluger, Präventionsexperte bei der BG Bau.
Auch diese Archivierung wird durch den neu geschaffenen Standard SDBtransfer revolutioniert, denn diese kann nun über ein Internetwerkzeug erfolgen, das die BG Bau bereitstellt.
„Das entbindet die Bauunternehmen aber nicht davon, weiterhin die Bestimmungen der Sicherheitsdatenblättern ihren Mitarbeitern zugänglich zu machen“, so BG Bau-Experte Kluger.

Erstellung der SDB
Bislang nutzten die Hersteller von Bau-Chemikalien unterschiedliche Softwarelösungen zur Erstellung ihrer Datensicherheitsblätter. Ein standardisiertes Verfahren gab es nicht. Die SDB, die den Bauunternehmen (oder Zwischenhändlern) ins Haus flatterten, waren bislang zum Teil in sehr unterschiedlichen Formaten verfasst. Entlang der Lieferkette, und selbst innerhalb der Unternehmen, kam es zu vielen Medienbrüchen. Der Verwaltungsaufwand war enorm. Der neue Standard SDBtransfer verringert den Verwaltungsaufwand und hilft somit allen beteiligten Akteuren, Kosten zu senken.
Die Basis des neuen Standards ist das Format PDF/A-3, das speziell für Archivierungsaufgaben entwickelt wurde. Dieses Format verfügt über einen integrierten Daten-Container, in dem die PDF-Inhalte in strukturierter Form und im XML-Format abgelegt werden. Dieser Daten-Container ist der „Schlüssel“ zur Standardisierung und zur maschinellen Lesbarkeit der SDB-Daten. Denn durch die Standardisierung können die Inhalte zu jeder Zeit mit einer Software ausgelesen werden.

Betriebsanleitung erstellen
Ein weiterer großer Vorteil von SDBtransfer ist, dass sich direkt aus den Sicherheitsdatenblätter heraus Betriebsanleitungen erstellen lassen. Betriebsanleitungen stellen für die Mitarbeiter eines Betriebs übersichtlich dar, wie sie mit den gefährlichen Baustoffen umgehen müssen. Die Informationen zur Erstellung einer solchen Betriebsanleitung finden die Unternehmen in den Sicherheitsdatenblättern. Bislang mussten den Informationen per Hand von den Sicherheitsdatenblättern in die Betriebsanleitung übernommen werden. Dr. Thomas Martin, Leiter des Gefahrstoffinformationssystems GisChem bei der BG RCI, verweist darauf, dass sogar einige Prüfmechanismen eingebaut seien, die helfen, Fehler bei der Erstellung von Betriebsanleitungen zu vermeiden.

Vorteile für die Hersteller
Von SDBtransfer profitieren nicht nur die Unternehmen, die Bauchemikalien verarbeiten. Auch für den Herstellern bringt der Standard große Vorteile.
„Wir verarbeiten rund 6.500 Rohstoffe und etwa 8.800 Füllgüter. Jedes Gemisch benötigt ein eigenes Sicherheitsdatenblatt. Die Anzahl steigt ständig“, sagte Dr. Helmut Möbus von DAW (Deutsche Amphibolin-Werke), einer der europaweit führenden Hersteller von Farben und Lacken.
Das Unternehmen gebe zehntausende Sicherheitsdatenblätter heraus, so Möbus. Der bisherige Verwaltungsaufwand sei enorm gewesen. Die fehlende Standardisierung der Sicherheitsdatenblätter hätte selbst innerhalb des Unternehmens zu Medienbrüchen geführt. Gleiches habe für die Auslieferung der SDB an die Kunden gegolten, so Möbus. Dank SDBtransfer würden die Medienbrüche entfallen. Die Fehleranfälligkeit bei Erstellung der Sicherheitsdatenblätter habe sich deutlich verringert.
Das SDBtransfer-Entwicklungsprojekt startete im Jahr 2013 und steht nun vor seinem direkten Abschluss. Finanziell gefördert wurde es vom Bundeswirtschaftsministerium. Projektträger ist die Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrttechnik (DLR). Zwanzig Projekte rund um das Thema „digitale Standards“ hat das DLR in den letzten Jahren begleitet. Die Projekte würden sich speziell an kleine und mittlere Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeiter richten, so Markus Ermert von DLR. Aber gerade von SDBtransfer könnten kleinere Unternehmen sehr stark profitieren. Das System sei leicht nutzbar und kostengünstig in der Einführung. „Das ist vorbildlich für andere Branchen“, so Ermert.

Wichtiger Baustein der Digitalisierung
Prof. Manfred Helmus, Professor für Baubetrieb und Bauwirtschaft an der Bergischen Universität in Wuppertal, sieht in SDBtransfer einen wichtigen Baustein zur vollständigen Digitalisierung der Wertschöpfungskette der Bauwirtschaft. Helmus vertritt die Meinung, dass die Vorteile der Digitalisierung am Bau erst richtig zum Tragen kommen, wenn die gesamte Wertschöpfungskette des Bauens und der gesamte Lebenszyklus des Bauwerks von der Digitalisierung abgedeckt werden. Heiko Metzger

Anmerkung: Auf unserer Startseite unserer Website www.der-bau-unternehmer.de stellt ein kurzes Video SDBtransfer leicht verständlich vor.

Erschienen in Ausgabe: März 2016 | Seite 12

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