von Jasch Zacharias
Schwere Nutzfahrzeuge sind erstmals Schlusslicht in Mängelstatistik
„TÜV-Report 2025“: 21,9 Prozent der Lkw ab 18 Tonnen werden beanstandet – Wettbewerbsdruck und steigende Beanspruchung verschlechtern Quote
Jedes fünfte Nutzfahrzeug fällt durch die Hauptuntersuchung. Mängelquoten in allen Gewichtsklassen sind gestiegen. Beleuchtung, Ölverlust und Achsaufhängung sind die häufigsten Defekte. Die Lkw werden im Schnitt zudem immer älter und anfälliger für Mängel Das ist das Ergebnis des „TÜV-Reports Nutzfahrzeuge 2025“.
Schwere Nutzfahrzeuge: Gravierende Mängel nehmen zu
Die Zahl der Nutzfahrzeuge mit gravierenden Mängeln nimmt zu. Das zeigt der aktuelle „TÜV-Report Nutzfahrzeuge 2025“: 20,4 Prozent aller untersuchten Fahrzeuge wiesen bei der Hauptuntersuchung (HU) „erhebliche“ oder „gefährliche Mängel“ auf – ein Anstieg um 0,8 Prozentpunkte im Vergleich zum letzten Report 2023.
Die Auswertung basiert auf 2,31 Millionen Hauptuntersuchungen an TÜV-Prüfstellen. Besonders häufig stellten die Sachverständigen Defekte an der Beleuchtung, Ölverlust sowie Mängel an den Achsaufhängungen fest. „Nutzfahrzeuge sind das Rückgrat der Versorgung und müssen zuverlässig funktionieren“, sagte Richard Goebelt, Bereichsleiter Fahrzeug & Mobilität beim TÜV-Verband .Jeder sicherheitsrelevante Mangel bedeutet ein Risiko für den Betrieb und die Verkehrssicherheit. „Gerade bei intensiver Nutzung müssen Wartung, Instandhaltung und regelmäßige Prüfungen höchste Priorität haben“, so Goebelt.
Schwere Nutzfahrzeuge legen im Jahr durchschnittlich 43.309 Kilometer zurück
Die Verschlechterung betrifft alle Gewichtsklassen: Transporter bis dreieinhalb Tonnen erreichen eine Mängelquote von 21,5 Prozent, nach 20,4 Prozent im TÜV-Report 2023. Fahrzeuge zwischen dreieinhalb und siebeneinhalb Tonnen liegen bei 20 Prozent – ein Plus von 0,8 Punkten. Bei Fahrzeugen von siebeneinhalb bis unter 18 Tonnen beträgt die Mängelquote 16,5 Prozent (2023: 13,6 Prozent). Und bei den schweren Lkw ab 18 Tonnen ist die Mängelquote um 2,1 Punkte auf 21,9 Prozent gestiegen.
Damit führen schwere Lastkraftwagen ab 18 Tonnen die Mängelstatistik erstmals an und haben die Transporter als Schlusslicht abgelöst. „Dass gerade die schweren Lkw am schlechtesten abschneiden, ist bemerkenswert: Sie sind überwiegend auf der Langstrecke unterwegs und gelten als besonders sorgfältig gewartet“, sagte Goebelt. Ein zentraler Faktor ist die Beanspruchung: Laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) haben Lkw ab siebeneinhalb Tonnen 2024 im Schnitt 43.309 Kilometer pro Jahr zurückgelegt, Sattelzugmaschinen sogar 86.585 Kilometer. Zum Vergleich: Pkw fuhren durchschnittlich 12.309 Kilometer.
Risiko für altersbedingte Defekte wächst
Durch die intensive Nutzung wächst das Risiko altersbedingter Defekte: Einjährige Lkw ab 18 Tonnen fallen nur zu 7,4 Prozent durch die HU, bei fünf Jahre alten Fahrzeugen liegt die Quote bereits bei 20,5 Prozent, bei zehnjährigen bei 29 Prozent. „Bei Fahrzeugen dieser Größe hat jeder technische Mangel ein höheres Gefährdungspotenzial“, sagt Goebelt. „Schwere Lkw müssen deshalb über ihre gesamte Lebensdauer hinweg in einem absolut verlässlichen technischen Zustand gehalten werden.“
Nach Angaben des KBA ist der Bestand der Lkw ab siebeneinhalb Tonnen seit 2015 um 22 Prozent von 173.166 auf 211.809 Fahrzeuge gewachsen. „Viele Speditionen investieren zwar in neue Fahrzeuge, lassen ältere Fahrzeuge aber auch länger im Betrieb“, so Goebelt. Das erhöhe den Wartungsbedarf und wirke sich spürbar auf die Prüfergebnisse aus.
Erschwerend komme auch hinzu, dass angesichts hoher Kosten, einer schwachen Konjunktur und starkem Wettbewerbsdruck offenbar weniger in Wartung und Instandhaltung investiert werde. Diese Investitionszurückhaltung verlangsame auch die sogenannte Antriebswende. Derzeit liegt der Anteil von Lkw mit Elektro-Antrieb im Bestand bei 2,4 Prozent, bei den Neuzulassungen von Januar bis Juli 2025 bei 8,7 Prozent. Zum Vergleich: Im Jahr 2024 hatten fünfeinhalb Prozent der Neuzulassungen einen batterieelektrischen Antrieb.
„Die Elektrifizierung des Nutzfahrzeugverkehrs kommt in Bewegung, auch wenn der Umstieg für viele Unternehmen noch mit Unsicherheiten verbunden ist“, sagte Goebelt. Hohe Anschaffungskosten, ein noch begrenztes Fahrzeugangebot und die schwer kalkulierbare Wirtschaftlichkeit im Betrieb bremsen den Hochlauf. Hinzu kommt die Ladeinfrastruktur, die insbesondere für schwere Nutzfahrzeuge noch lückenhaft ist. „Fuhrparkbetreiber investieren in der Regel in eigene Ladepunkte, wenn sie E-Lkw anschaffen, was Aufwand und Kosten verursacht“, sagt der TÜV-Bereichsleiter.
Für den Fernverkehr brauche es zudem ein flächendeckendes Netz an Schnellladern entlang der Autobahnen. Der Aufbau von Megawatt-Ladesystemen sei zwar in Planung, wird aber noch mehrere Jahre dauern. „Gezielte Förderung, verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit sind jetzt entscheidend, um die Dynamik zu verstetigen“, so Goebelt. Dazu gehöre auch, auf europäischer Ebene die Befreiung emissionsfreier schwerer Nutzfahrzeuge von Maut- und Nutzungsgebühren zu verlängern.
Die Bedeutung des Güterverkehrs auf der Straße wächst. Der Nutzfahrzeugbestand in Deutschland nimmt kontinuierlich zu: Seit dem Jahr 2000 ist er um 51 Prozent auf aktuell 3,83 Millionen Fahrzeuge gewachsen. Deren Durchschnittsalter steigt indes und liegt aktuell bei 8,7 Jahren – im Jahr 2015 lag es noch lediglich bei 7,7 Jahren.
Bild: Immer mehr Lkw und Transporter sind auf deutschen Straßen unterwegs. Laut „TÜV-Report“ liegt alleine die Zahl der in Deutschland zugelassenen Nutzfahrzeuge bei mittlerweile 3,83 Millionen. (Foto: Pixabay)
von Jasch Zacharias
Erschienen in Ausgabe: Dezember 2025 | Seite 7