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Schlichterspruch spaltet Arbeitgeber

Streit um 13. Monatsgehalt: Kieler Landesverband wirft Spitzenverbänden Rechtsbruch vor

DBU/Berlin – Der im Mai erzielte Tarifabschluss für die rund 800.000 Beschäftigten des deutschen Bauhauptgewerbes sorgt weiter für Unmut in der Branche. „Eine Katastrophe“ nennt ihn Georg Schareck, Hauptgeschäftsführer des Baugewerbeverband Schleswig-Holstein (BGV SH). Die Ergebnisse seien „für Schleswig-Holstein mit seinen überwiegend kleinen und mittleren Betrieben höchst bedenklich“. Umstritten ist vor allem das 13. Monatsgehalt.

Bei einer Vertragslaufzeit von 26 Monaten sieht der Tarifabschluss für die Beschäftigten im Westteil der Bundesrepublik rückwirkend zum 1. Mai 5,7 Prozent mehr Lohn und Gehalt vor. Die Branchenbeschäftigten in den östlichen Bundesländern erhalten gestaffelte Tariferhöhungen. Rückwirkend ab 1. Mai steigen dort die Bezüge um 6,6 Prozent, ab 1. Juni 2019 kommen weitere 0,8 Prozent hinzu. Darüber hinaus wurden Einmalzahlungen in Höhe von 250 Euro (Tarif Ost) und 1.100 Euro (Tarif West) vereinbart sowie die flächendeckende Einführung eines 13. Monatseinkommens. Nach Ansicht des BGV SH wird mit dem 13. Monatsgehalt aber geltendes Tarifrecht gebrochen. Darüber hätte nämlich zuerst auf Landesebene verhandelt werden müssen, bevor es auf Bundesebene per Schlichtung hätte vereinbart werden dürfen, macht der Kieler Verband geltend.
Nach über zwölfwöchiger Verhandlungsdauer und einer Streikandrohung der Gewerkschaft IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau), hatte die Arbeitnehmerseite eine Schlichtung verlangt. Drei Wochen später war ein Schlichterspruch des ehemaligen Bundesarbeits- und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement ergangen. Die Mitglieder des Baugewerbeverbands Schleswig-Holstein hatten allerdings das Schlichtungsergebnis schon damals abgelehnt. Hätte sich dem ein weiterer größerer regionaler Bau-Verband angeschlossen, wäre ein Arbeitskampf wahrscheinlich geworden.

Nettorenditen im Keller
Bisher gab es das 13. Monatsgehalt für Baubeschäftigte nicht in allen Bundesländern. In Schleswig-Holstein und weiteren Ländern war es seit 2003 nicht mehr Bestandteil des Tarifvertrags. „Wir werden mit der Einführung des 13. Monatsgehalts einen deutlich teuereren Abschluss haben“ als die Bauwirtschaft in anderen Regionen, sagte Verbands-Hauptgeschäftsführer Schareck. „Wir sprechen hier von Kostensteigerungen von deutlich mehr als zehn Prozent“, was die Liquidität der Baubetriebe weiter einschränke. Laut Schareck würde der zehnprozentige Anstieg der Arbeitskosten die Umsatzrenditen der Baubetriebe um rund fünf Prozentpunkte drücken; die aktuellen Nettorenditen lägen im Schnitt ohnehin nur noch bei 4,6 Prozent.
In Ländern wie Bayern und Rheinland-Pfalz, in denen bereits vor dem Schlichterspruch ein tariflicher Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt bestand, fällt die Belastungssteigerung für die Betriebe dagegen geringer aus. Laut Tarifvertrag wird hier das 13. Monatsgehalt bis 2022 in drei Schritten erhöht.

Bislang höchster Tarifabschluss
Die Tarifsteigerung im Bauhauptgewerbe übertrifft mit 5,7 Prozent und 6,6 Prozent alle Branchenabschlüsse dieses Jahres. Für den öffentlichen Dienst verständigten sich die Sozialpartner auf ein durchschnittliches Gehaltsplus von 3,5 Prozent, in der die Metallindustrie gibt es seit April 4,3 Prozent mehr Lohn und Gehalt.
Trotz der Einwände aus dem Norden verteidigte Uwe Nostitz, Vorstandsmitglied des Zentralverbandes des Baugewerbes und Verhandlungsführer der Arbeitgeber, das Schlichtungsergebnis. Zwar sei damit die absolute Obergrenze dessen erreicht, was die Bauunternehmen leisten könnten, andererseits „bietet die lange Laufzeit von 26 Monaten den Unternehmen Planungssicherheit“, so Nostitz.
Dem Baufacharbeiter bringt die Tarifregelung 1,11 Euro mehr pro Arbeitsstunde. „Im Monat bedeutet dies ein Plus von rund 200 Euro“, rechnete Robert Feiger, Bundesvorsitzender der IG Bau vor. Sein Stellvertreter an der Bundesspitze der IG Bau, Dietmar Schäfers, lobte die „Entschlossenheit der Beschäftigten auf den Baustellen“. Diese und „die begeisterte Teilnahme am Bau-Protest in Berlin haben zum Umdenken der Arbeitgeber beigetragen“, so Gewerkschafts-Vize Schäfers. 

Erschienen in Ausgabe: Juli 2018 | Seite 1

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