von Redaktion

Kurzarbeit trotz Fachkräftemangel: Baukonjunktur weiter im Sinkflug

Baugewerbe prognostiziert Umsatzrückgang für 2023 von 5,3 Prozent und für 2024 von 3 Prozent

„Der Rückgang der Baukonjunktur setzt sich weiter fort. Der Umsatz wird in diesem Jahr real um 5,3 Prozent zurückgehen und im kommenden Jahr gehen wir von weiteren minus 3 Prozent aus. Verantwortlich für das Minus bleibt der Wohnungsbau, der in diesem Jahr real um 11 Prozent einbricht und 2024 mit minus 13 Prozent seinen Sinkflug fortsetzt“, kommentiert Wolfgang Schubert-Raab, Präsident Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) , die Konjunkturzahlen der Bauwirtschaft  für die Jahre 2023 und 2024.

Der deutliche Nachfrageeinbruch im Wohnungsbau und die daraus resultierende Unterauslastung der Kapazitäten bleiben per Saldo auch für die Beschäftigung nicht ohne Folgen: „Nach einem Jahrzehnt des Beschäftigungsaufbaus von plus 220.000 Beschäftigten auf 926.700 (2022), rechnen wir in diesem Jahr mit einem leichten Rückgang auf 920.000 Beschäftigte. Für 2024 rechnen wir mit einem deutlichen Rückgang um 30.000 Beschäftigte, bei weiterem Abwärtspotenzial,“ warnt Schubert-Raab. Anders sei die Situation in den Ausbaubereichen und im Ingenieur- und Tiefbau, wo weiter Fachkräfte gesucht werden. Schubert-Raab: „Es ist ein echtes Dilemma. Das Bauhauptgewerbe bewegt sich zwischen Fachkräftesuche einerseits und drohender Kurzarbeit und Kündigungen andererseits. Dabei mangelt es nicht an Aufgaben, sondern an Aufträgen.“

ZDB-Herbstumfrage: Für 60 Prozent der Bauunternehmer sind fehlende Aufträge größter Baubehinderungsgrund

Diese Einschätzung wird auch von den Mitgliedsunternehmen des Deutschen Baugewerbes bestätigt. In der aktuellen Herbstumfrage des Verbandes sehen 60 Prozent der Unternehmer fehlende Aufträge als größten Baubehinderungsgrund. Im Vorjahr waren es lediglich 23 Prozent. Die Geschäftslage wird insgesamt kritischer bewertet als in den vorherigen Umfragen. Eine schlechte Lagebeurteilung gaben vor einem Jahr noch 25 Prozent der Unternehmen ab, jetzt sind es bereits 45 Prozent. Im Wohnungsbau erwarten 70 Prozent der Unternehmen eine Verschlechterung der weiteren Geschäftsentwicklung.

Schubert-Raab: “Wir befinden uns an einem gefährlichen Kipppunkt. Im letzten Jahr haben die Unternehmen in der Herbstumfrage per Saldo ein „Halten“ der Beschäftigten zurückgemeldet. Jetzt kippt der Saldo leider zum „Senken“. Immer mehr Unternehmen (23 Prozent) rechnen mit einem Rückgang der Beschäftigten. Einziger Lichtblick ist, dass die Bereitschaft, neue Lehrlinge einzustellen mit weit über 60 Prozent weiter hoch bleibt. Die Unternehmen geben nicht auf. Sie kämpfen um jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter und sie bilden weiter aus. Und das ist auch richtig so, denn der demografische Wandel ist nicht zu stoppen und die die Baubedarfe sind da.“

Wohnungsbau

Der Giftmix aus stark gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten hat wie erwartet vor allem im Wohnungsbau seine Spuren hinterlassen. Für 2023 rechnen wir mit einer Fertigstellung von 271.000 Wohneinheiten (WE). Für das kommende Jahr verschlechtern sich die Zahlen deutlich, so Schubert-Raab: „Die Abwärtsspirale geht weiter. Für 2024 erwarten wir nach derzeitigen Investitionsbedingungen nur noch die Fertigstellungen 235.000 WE. Damit rückt das unstrittige Ziel der Ampel von 400.000 WE pro Jahr in weite Ferne. Das heißt, es muss etwas getan werden und zwar jetzt! Wir brauchen die komplette schnelle Umsetzung des 14- Maßnahmen-Paketes und ein Zinsstützungsprogramm beim EH-55-Standard.“

Wirtschaftsbau

Im Wirtschaftsbau zeigt sich eine zweigeteilte Entwicklung. Der Wirtschaftshochbau wird durch die Zinsentwicklung und die Energiepreise deutlich eingebremst. Die Nachfrage bleibt insgesamt schwach gegenüber dem Vorjahr. Der Auftragsbestand und seine Reichweite haben zudem gegenüber dem Vorjahr abgenommen.

Im Wirtschaftstiefbau hat es hingegen deutliche Impulse gegeben. Hier kommen Projekte der Mobilitätswende und der Energiewende an den Markt. Auch die Deutsche Bahn investiert weiter in ihr Schienennetz. Somit stehen die Order im Wirtschaftstiefbau kumulativ per September nominal um fast 30 Prozent im Plus.

Der Wirtschaftsbau erreicht 2023 einen Umsatz von ca. 59,6 Mrd. Euro, real ein Rückgang um 2 Prozent. Auch 2024 setzt sich die geteilte Entwicklung fort. Der Wirtschaftstiefbau wächst real um 7 Prozent, der Hochbau verliert real 1Prozent. Insgesamt werden im Wirtschaftsbau 2024 ca. 60 Mrd. Euro umgesetzt, real ein Zuwachs um knapp 3 Prozent.

Öffentlicher Bau

Für 2023 rechnet der Verband im öffentlichen Hochbau mit einem Umsatz bei gut 9 Mrd. Euro, real ein Plus von knapp 4 Prozent. Für den öffentlichen Tiefbau wird mit einem Umsatz von 35 Mrd. Euro gerechnet, real ein Rückgang um gut knapp 3 Prozent. Damit erreicht der öffentliche Bau 2023 gut 44 Mrd. Euro, real ein Rückgang um 2 Prozent.

Für die Umsatzprognose 2024 wird davon ausgegangen, dass die Investitionslinien für die Infrastruktur, wie für 2024 bisher geplant, gehalten werden. Der öffentliche Tiefbau hält damit einen Umsatz bei 35 Mrd. Euro Der Umsatz im Hochbau wächst erreicht 9,5 Mrd. Euro, real ein Zuwachs um 5 Prozent. Demnach erreicht der öffentliche Bau einen Gesamtumsatz von 44,5 Mrd. Euro. Das ist ein Zuwachs von real 3Prozent.

Zusammenfassend fordert ZDB-Präsident Schubert-Raab die Bundesregierung mit Blick auf die Haushaltsplanung 2024 auf, zeitnah wieder Planungssicherheit zu schaffen: „Die bis dato geplante Budgetierung von baurelevanten Mitteln für den Wohnungsbau, die Infrastruktur und die Klima- und Energiewende muss abgesichert werden. Wir brauchen zügig grünes Licht für die Investitionen und Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld ab April 2024, um die Beschäftigten halten zu können. Insgesamt brauchen wir eine Wirtschaftspolitik, die für vernünftige und verlässliche Rahmenbedingungen sorgt. Dazu gehören auch konkurrenzfähige Steuern, eine Abgabenlast von maximal 40 Prozent und wettbewerbsfähige Energiepreise.“

   Grafik: Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB)

von Redaktion

Erschienen in Ausgabe: online

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