Interview -

Regionaler Spitzenevent: FG Bau lädt zur Baufete

Interview mit Reinhold Dellmann, Hauptgeschäftsführer der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg e.V.

DBU/Berlin – Am 19. Juni veranstaltet die Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg e.V. ihre jährliche Baufete - ein Spitzen-Event der Bauwirtschaft in Berlin und Brandenburg. In diesem Jahr steht die Veranstaltung unter dem Motto „25 Jahre Fachgemeinschaft Bau in ganz Berlin und Brandenburg“ und erinnert unter anderem daran, dass vor 25 Jahren, bereits fünf Monate vor der Wiedervereinigung, die ersten Bau- und Bauhandwerksbetriebe aus Brandenburg und dem damaligen Ost-Berlin der Fachgemeinschaft beigetreten sind. Gefeiert wird auf dem Lehrbauhof der Fachgemeinschaft in Berlin-Marienfelde (Belßstraße 12). DER BAUUNTERNEHMER sprach im Vorfeld der Veranstaltung mit Reinhold Dellmann, Hauptgeschäftsführer der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg e.V. (FG Bau), über die vergangenen 25 Jahre, den baugewerblichen Nachwuchs und über das Programm der Baufete.

DER BAUUNTERNEHMER (DBU): Herr Dellmann, vor 25 Jahren fiel die Mauer, die beiden deutschen Staaten wurden vereinigt und die Teilung der Stadt Berlin überwunden - Ereignisse mit enormen Folgen. Auch für die Baubranche. Was bedeutete der Fall der Mauer für Ihren Verband, die Fachgemeinschaft Bau?
Reinhold Dellmann: Wir standen vor großen Herausforderungen, wir alle: Die Unternehmen aus Ost-Berlin und Brandenburg sowie die FG Bau selbst.
Sicherlich gab es zu DDR-Zeiten auch Innungen und Handwerkskammern. Aber die Frage nach einer Arbeitgeberorganisation tat sich für die Unternehmen aus Ost-Berlin und Brandenburg erst mit dem Fall der Mauer auf. Und hier stand die Fachgemeinschaft Bau schon ab November/Dezember 1989 mit Rat und Tat bereit. Und mehr: Schon 1990 führte die FG Bau eine kostenlose Gastmitgliedschaft für Betriebe aus Ost-Berlin und Brandenburg ein. Den neuen Mitgliedsunternehmen standen sofort die Informationsdienste der Fachgemeinschaft zur Verfügung, und sie konnten sich in Organisations- und rechtlichen Fragen von der FG Bau Beratungsleistungen einholen.
Der Beratungsbedarf war immens. Auch schon im ersten Halbjahr 1990 – also noch vor der eigentlichen Wiedervereinigung. Egal ob Meisterbetriebe oder Gründung aus einem Treuhand-Unternehmen heraus, überall wurden die Beratungsleistungen der Fachgemeinschaft Bau nachgefragt.

DBU: Waren die Bauunternehmen nicht mehrheitlich Staatbetriebe?
Dellmann: Die Handwerksunternehmen waren auch zu DDR-Zeiten privat. Die Bau-Kombinate wurden nach der Wiedervereinigung von der Treuhand verwaltet. Zudem gab es Baugesellschaften im Besitz der Stadtbezirke und Städte. Diese wurden Zug um Zug privatisiert oder abgewickelt.
Beim klassisch aufgestellten Handwerk ging es um Fragen der Finanzierung und Besteuerung. Bei den Firmenneugründungen oder Ausgründungen – aus bestehenden Treuhandunternehmen heraus - hat die Fachgemeinschaft Bau auch sofort entsprechende Unterstützung angeboten. Was dazu führte, dass 1990/91 ein Rundschreibendienst speziell für die Probleme dieser Neu- und Ausgründungen eingerichtet wurde.
Der nächste große Schritt kam schon im Mai 1990. Als Verein war die Fachgemeinschaft Bau in ihrer Tätigkeit formell auf West-Berlin beschränkt. Durch eine Satzungsänderung konnte die FG Bau ihre Tätigkeit ab Mai 1990 auch offiziell auf ganz Berlin und Brandenburg ausdenen. Sofort kam es zu einem großen Zulauf von Ost-Berliner und Brandenburger Betrieben. Wohlgemerkt noch vor der Wiedervereinigung.
1991 erfolgte die Umbenennung von „Fachgemeinschaft Bau Berlin e.V.“ in „Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg e.V.“. Im gleichen Jahr gründeten wir unsere Landesgeschäftsstelle in Potsdam, 1992 die Landesgeschäftsstellen in Cottbus und in Frankfurt an der Oder. 1993 folgte die Eröffnung der Landesgeschäftsstelle in Neuruppin.

DBU: In 25 Jahren passiert vieles. Was waren die größten Probleme, die die FG Bau in dieser Zeit meistern musste?
Dellmann: Ein großes Problem der vergangenen 25 Jahren war, dass es leider nicht gelungen ist, alle Firmen als Mitglied bei einem Arbeitgeberverband zu halten. Die Niederlassungen der großen Bauindustrieunternehmen haben die Fachgemeinschaft Bau verlassen und den Bauindustrieverband Berlin-Brandenburg gegründet. Sie meinten, ihre Interessen würden in der Fachgemeinschaft Bau nicht ausreichend berücksichtigt werden.
Für die gesamte regionale Bauwirtschaft war der Austritt der Bauindustrieunternehmen keine positive Entwicklung. Seither spricht die regionale Bauwirtschaft leider nicht immer mit einer Stimme.
In den nächsten Jahren müssen wir uns der Aufgabe stellen, nachzudenken, wie man wieder stärker zusammen rücken kann. Denn es ist nicht gut, wenn die Bauwirtschaft einer Region nicht mit einer Sprache spricht. Zu 90 bis 95 Prozent stimmen die Positionen beider Verbände überein. Allerdings gibt es bei einzelnen Themen deutliche Unterschiede. Klassisches Beispiel ist die Position zu Private-Public-Partnership (PPP): Wir als Fachgemeinschaft sind grundsätzlich gegen PPP/ÖPP. Der Bauindustrieverband spricht sich dafür aus. Aber auch beim Thema Generalunternehmervergabe vertreten wir gegensätzliche Positionen.
Ein weiteres großes Problem, das in den vergangenen 25 Jahren auftrat, wurde durch eine sehr heftige Diskussion innerhalb des Arbeitgeberlagers ausgelöst, an deren Ende die Fachgemeinschaft Bau 1997 aus den Spitzenverbänden der deutschen Bauwirtschaft ausgetreten ist. Seither ist die Fachgemeinschaft nicht tarifgebunden.
Damals hatten die Zentralverbände (Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und Zentralverband des Deutschen Baugewerbes) die Situation in den neuen Bundesländern ungenügend eingeschätzt. Sie strebten ein Tarifgefüge an, das zum damaligen Zeitpunkt die Unternehmen aus dem Ostteil Berlins und aus Brandenburg schlichtweg nicht verkraftet hätten. Um die Interessen ihrer Mitglieder zu schützen, ist die Fachgemeinschaft Bau aus den Zentralverbänden ausgetreten. Der Widerstand war groß: Es folgte ein neun Wochen andauernder Streik – der größte Arbeitskampf, den die Branche in Berlin jemals erlebt hat.

DBU: Und was waren die größten Erfolge der Fachgemeinschaft Bau seit dem Mauerfall?
Dellmann: Zu den größten Erfolgen gehört, dass wir es geschafft haben, die Eigenständigkeit der Sozialkasse des Berliner Baugewerbes zu erhalten und sie als aktives Instrument für die Berufsausbildung zu nutzen. Das ist ein sehr, sehr großer Erfolg.
Beim Thema Ausbildung müssen wir in Zukunft noch mehr Anstrengungen unternehmen. Denn die Bauwirtschaft ist stärker als andere Branchen vom demografischen Wandel betroffen. Wir wissen, dass eine Bau-Ausbildung häufig nicht der Erst- oder Zweitwunsch junger Leute ist, sondern nur der Dritt- oder Viertwunsch. Diesem Fakt müssen wir uns stellen. Wir müssen mit weiteren Maßnahmen und Kampagnen gegen den Nachwuchsmangel kämpfen.

DBU: Warum ist es hierbei für die Berliner Bauwirtschaft ein Vorteil, eine eigene Sozialkasse zu haben?
Dellmann: Zum einen besteht der Vorteil darin, dass in den Gremien der Sozialkasse des Berliner Baugewerbes auch die regionalen Akteure vertreten sind – IG BAU, Bauindustrieverband und wir, die Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg. Zum anderen läuft alles unbürokratischer ab, und es kann auf regionale Besonderheiten schneller reagiert werden. Hier ist das erfolgreich laufende Projekt „Startklar für Ausbildung“, das über die Sozialkasse finanziert wird, ein sehr gutes Beispiel. Die Idee für dieses Projekt stammt aus der Region, und zusammen mit der Sozialkasse konnten wir es zügig umsetzen. Wenn sie mit solch einem Projekt erst in die riesengroßen Gremien der SoKa-Bau nach Wiesbaden müssen, dann beansprucht das viel mehr Zeit.

DBU: Herr Dellmann, Sie haben es eben schon angesprochen, beim Thema Ausbildung ist die Fachgemeinschaft Bau sehr engagiert. Seit wann ist das so?
Dellmann: Das ist so, seit unser Verbandspräsident, Michael Schrobsdorff, auf der Baufete im Jahr 2011 – damals noch als neu gewählter Präsident der FG Bau – erklärt hat, dass der Themenkomplex demografischer Wandel, Fachkräftesicherung und Ausbildung das absolute A-Thema für die Fachgemeinschaft Bau ist.
Seither haben wir einiges erreicht: Den drastischen Rückgang der Ausbildungszahlen haben wir stoppen können. Mehr sogar: mittlerweile verzeichnen wir wieder leicht steigende Ausbildungszahlen. Das stimmt uns optimistisch. Zwar sind die Lehrlingszahlen bei weitem nicht so hoch wie vor zehn oder 15 Jahren. Diese Zahlen werden wir auch nicht mehr erreichen. Aber wir müssen mit der gleichen Intensität, mit der wir in den letzten drei Jahren an dem Problem gearbeitet haben, weiter machen.
Auch die Bauunternehmen der Region sind gefordert. Sie müssen sich als Ausbildungsbetriebe für das Thema Fachkräftesicherung engagieren. Sie müssen auch die Bereitschaft haben, sich um schwierige Jugendliche zu kümmern. Wenn ein junger Auszubildender heutzutage mal zwei Tage nicht kommt, dann sollte das Unternehmen ihm nicht sofort kündigen, sondern überlegen, wo man Hilfestellung geben könnte oder ob der Lehrbauhof des Berufsförderungswerks Unterstützung leisten kann. So ist zum Beispiel einmal der Einsatz eines Sozialarbeiters sinnvoll., in einem anderen Fall könnte das Mentoring Programm helfen.
Wenn die Betriebe hierzu nicht bereit sind, ist unsere Branche verloren.

DBU: Welches Rahmenprogramm erwartet die Besucher der Baufete?
Dellmann: Die Baufete steht unter dem Motto „25 Jahre Fachgemeinschaft Bau in ganz Berlin und Brandenburg“, entsprechend haben wir eine kleine Ausstellung über den Wandel der beiden Länder Berlin und Brandenburg zusammengestellt. Die Jazz-Combo vom Landespolizeiorchester Brandenburg wird den Abend musikalisch begleiten. Dies verspricht einen „satten Sound“. Zudem erwarten wir Berlins Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel sowie die brandenburgische Infrastrukturministerin Kathrin Schneider als Gäste. Beide haben zugesagt, eine Ansprache auf der Baufete zu halten.

Herr Dellmann, ich bedanke mich für das Gespräch. Herzlichen Dank.


Das Interview führte DBU-Redakteur Heiko Metzger.

Erschienen in Ausgabe: Juni 2015 | Seite 9

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