von Tizian Meieranz-Nemeth

Quereinsteiger in der Baubranche gern gesehen

Branchenfremde Fachkräfte für Digitalisierung gesucht

DBU/Berlin – Unternehmen suchen Monate lang nach geeigneten neuen Mitarbeitern – bei manchen sind es sogar Jahre. Dabei gibt es einen Lösungsweg, der bei näherer Betrachtung auch kurzfristig für Entlastung sorgen kann: der Quereinsteiger. Ja, auch in der Baubranche gibt es sie. Schließlich sind die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt für Bauarbeiter verhältnismäßig rosig, weil im Bau händeringend helfende Hände gesucht werden.

Die Bauwirtschaft boomt. Als größter Auftraggeber der Branche in Bayern hat der Freistaat mit denselben Problemen zu kämpfen wie die freie Wirtschaft: Es fehlt an Ingenieuren, Architekten und Bautechnikern. Auf der Website ich-bau-bayern.de können sich Absolventen über den Einstieg in die Beamtenlaufbahn informieren. „Dabei profitieren die 10.000 Mitarbeiter der Staatsbauverwaltung von krisensicheren Arbeitsplätzen als Beschäftigte oder Beamte“, sagt Thomas Wellenhofer, zuständig für Personalgewinnung im Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr. „Das ist unser Wettbewerbsvorteil.


Tatsächlich sind engagierte Quereinsteiger in vielen Branchen gern gesehen und auch abseits der staatlichen Organisationen gibt es zahlreiche Einstiegsmöglichkeiten. So ist beispielsweise der Seiteneinstieg in die Transportbetonindustrie in der Regel problemlos möglich. Arbeitsplatz ist dann beispielsweise der Leitstand eines Transportbetonwerks. Von hier aus werden die Silos überwacht und die richtige Mischung des Betons gesteuert. Zwischendurch geht es immer mal wieder raus, um die Maschinen zu kontrollieren oder mit einem großen Radlader die benötigten Gesteinskörnungen ins Mischwerk zu transportieren. Dabei kommt es durchaus auch auf Timing und Organisationstalent an, denn die Fahrmischer müssen zeitnah auf der Baustelle sein. Da heißt es, Fahrzeiten zu planen und sicherzustellen, dass exakt der benötigte Beton geliefert wird – ein Job mit viel Verantwortung. Den besten Einstieg in das neue Berufsfeld bietet ein Praktikum in einem der rund 1.800 Transportbetonwerke in Deutschland.
Das Jobprofil des Bauarbeiters, der auch als Bauhelfer bezeichnet wird, setzt keine Ausbildung voraus. Es handelt sich um einen klassischen Quereinstiegsberuf, bei dem aber gewisse Vorerfahrungen auf dem Bau wünschenswert sind. Eine Anstellung finden Bauarbeiter vor allem im Hochbau, aber auch Fachbetriebe für Mauer- und Stahlbeton, sowie für Schornstein- und Industrieofenbau, Fassadenbetriebe und Dachdeckereien beschäftigen die ungelernten Quereinsteiger. Sie werden in der Regel direkt von ausgebildeten Handwerkern vor Ort in ihre Tätigkeiten, die sie ausführen sollen, eingearbeitet.


Bauarbeiter haben durchaus Aufstiegsmöglichkeiten. In der Regel führen diese über eine dezidierte Ausbildung im Bauhandwerk. Wer sich erste Sporen als Hilfsarbeiter verdient und seinen Arbeitgeber von sich überzeugt hat, erhält nicht selten die Chance, bei diesem eine Lehre zu machen. Diese sollte er unbedingt nutzen. Dafür gibt es dann auch staatliche Unterstützungen und Hilfsangebote, die die Entscheidung erleichtern, eine Ausbildung beispielsweise auch in fortgeschrittenem Alter anzugehen. Die Bundesagentur für Arbeit bietet eine Reihe von Förder- und Hilfsprogrammen für Menschen, für die eine Ausbildung eine besondere Herausforderung darstellt.
Den Quereinstieg in die Baubranche wagen auch immer mehr Akademiker. Absolventen mit branchenübergreifenden Fächern wie Digital Transformation, Financial Services oder Facility Management werden von der Branche ebenfalls händeringend gesucht. Alles scheint zu verschmelzen und die zuvor klaren Grenzen lösen sich auf. Auch wird das Berufsleben durch einen frühen Berufseinstieg und einen späteren Renteneintritt länger und somit ist es klar, dass man sich kontinuierlich weiterentwickeln muss, um am Ball zu bleiben.
Auch der Gesetzgeber sorgt mit dem Gesetz zur Modernisierung der beruflichen Bildung und damit auch neuen Fortbildungsbezeichnungen für eine steigende Attraktivität der Baubranche. Künftig wird es die Titel „Bachelor professional“ und „Master professional“ in Ergänzung zum Meistertitel oder zur Bezeichnung Betriebswirt im Handwerk geben. Für Absolventen sollen die neuen Abschlussbezeichnungen eine höhere Wertigkeit und ein Zeichen ihres hohen Qualifikationsniveaus sein.


Ebenfalls im Gesetz neu geregelt ist die Mindestausbildungsvergütung. Die gilt seit Anfang des Jahres und soll Lehrlinge ab 2020 mindestens 515 Euro im ersten Lehrjahr zusichern. 2021 soll der Betrag bei 550 Euro, im Jahr 2022 bei 585 Euro und 2023 bei 620 Euro liegen. Im weiteren Verlauf der Ausbildung steigt die Mindestvergütung dann jeweils um 18 Prozent im zweiten Jahr, um 35 Prozent im dritten und um 40 Prozent im vierten Ausbildungsjahr. In Hinblick auf die Work-Life-Balance hat der Gesetzgeber ebenfalls die Weichen neu gestellt. Künftig soll es möglich sein, eine Ausbildung auch in Teilzeit zu absolvieren. Voraussetzung ist allerdings, dass der Ausbildungsbetrieb zustimmt. Das Gesetz sieht außerdem vor, dass Auszubildende an Berufsschultagen ab einer Unterrichtszeit von drei Stunden und 45 Minuten von der Arbeit im Betrieb freigestellt werden. Auch am Tag vor ihrer schriftlichen Prüfung müssen sie nicht mehr im Betrieb arbeiten

von Tizian Meieranz-Nemeth

Erschienen in Ausgabe: Februar 2020 | Seite 39

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