Management - von Redaktion

Prozessoptimierung im Straßenbau

Johann Bunte nutzt Möglichkeiten der Industrie 4.0 im Asphaltstraßenbau

Pforzheim – Die Baubranche insbesondere der Asphaltstraßenbau wird sich verändern. Lean Construction, Building Information Modellig (BIM) und Industrie 4.0 bieten Bauunternehmen neue Möglichkeiten, Prozesse zu vereinfachen und durch das Internet der Dinge grundlegend effizienter zu gestalten. Doch wie sieht der Anwendungsfall konkret aus?

Bauleiter planen ihre Asphalteinsätze in der Regel manuell. Spezielle Softwaresysteme sind noch nicht flächendeckend vorhanden. In der wöchentlichen Bauleitersitzung werden niederlassungs- beziehungsweise unternehmensweit die einzelnen Projekte der jeweiligen Bauleiter zu einem Einsatzplan konsolidiert. Engpässe bei den Ressourcen und Doppelbelegungen sind die Regel und führen zwangsläufig zu Verschiebungen, die wiederum an die Subunternehmen kommuniziert werden müssen und dort ebenfalls zu Planänderungen führen. Kommt dann noch das Wetter oder ein technischer Defekt dazwischen, muss oftmals der gesamte Einsatzplan verschoben werden, was wiederum Änderungen für jeden Bauleiter nach sich zieht. Gerade in der Hochsaison wird es sehr stressig und Planungen sind oftmals nur einige Stunden aktuell, bevor erneut umgeplant werden muss. Wie dieses Problem der Einsatz- und Ressourcenplanung mit der Echtzeit-Steuerung von Prozessen zusammenhängt, ist nicht auf den ersten Blick klar, doch es gibt ein Zusammenhang.

Während des Asphalteinsatzes ist es heute noch nicht die Regel, dass automatisierte Leistungsmeldungen für die Disposition von Mensch und Maschine verfügbar sind. Durch Straßenbau 4.0 und die Vernetzung von Mischanlage, LKW-Logistik und Baustelle kann zu jedem Zeitpunkt Einblick in den aktuellen Stand der Baumaßnahme genommen werden. Verzögerungen werden sofort ersichtlich und die Disposition kann rechtzeitig reagieren. Durch die Vernetzung aller Beteiligten werden die Daten automatisch konsolidiert und bereitgestellt. Lästiges Herumtelefonieren kann entfallen. Nicht nur die Bauleiter werden entlastet, sondern das gesamte Unternehmen. Das zeitliche Einsparpotenzial ist enorm, unabhängig von der Unternehmensgröße oder der jährlichen Einbaumenge. Denn auch die Einsätze von Kleinstbaustellen mit wenigen Tonnen pro Tag müssen geplant werden.

Das hat auch die Johann Bunte Bauunternehmung GmbH & Co. KG aus Papenburg erkannt. Anfang des Jahres hatte man begonnen sich mit der Überarbeitung der operativen Prozesse zu befassen. Da Bunte neben einem Baubetrieb auch über 10 eigene Mischanalgen und mehr als 100 LKW im hauseigenen Transportunternehmen TBL verfügt, musste man die Vision eines besseren Straßenbauprozesses ganzheitlich betrachten. Bunte hat sich nach mehreren Tests unterschiedlicher Systemlösungen für schließlich für das Softwaresystem des Pforzheimer Prozessberatungsunternehmen Volz Consulting entschieden. Mit diesem System sollen die Prozesse der Planung, des Mischgutproduktion, der Logistik und des Einbaus vernetzt und ganzheitlich unterstützt werden. Hierbei hat die einfache Handhabung der Software ohne Spezial-Hardware überzeugt.

Neben der Prozessoptimierung kann in BPO ASPHALT auch die Funktionalität eines Flottenmanagementsystems abgebildet werden. Die Auftragsdaten und die aktuelle Position der LKW können mobil auf dem Smartphone z.B. beim Bauleiter oder dem Einbaumeister aber auch bei der Spedition bereitgestellt werden. Doch neben allen neuen Möglichkeiten, die ein solches System bietet, ist eines entscheidend: Wie bewährt sich ein solches System im Baualltag unter den ständig wechselnden Herausforderungen? Dies funktioniert nach einer gemeinsam abgestimmten Planung, indem die Materialabrufe zentral von der Baustelle im notwendigen Takt in Echtzeit koordiniert werden. Mit gelegentlich am Markt auftretenden Wurmfortsätzen schon etablierter Mischwerkslösungen für Produktion, Verwiegung und Lieferung, die auf längst überholten Ansätze aus den 70er und 80er Jahre basieren, kann dies nicht gelingen. Es geht nicht darum, die Waage der Mischanlage in den Mittelpunkt zu rücken und einfach nur Lieferscheindaten am Fertiger zur Verfügung zu stellen. Das sieht zwar interessant aus, bietet im ersten Schritt aber keinen operativen Vorteil für Bauunternehmen. Der wahre Kern des Problems liegt an einer anderen Stelle. Heutzutage erfolgt die Belieferung der Baustelle nach dem sog. Push-Prinzip. D.h., das Material wird von der Mischanlage zur Baustelle „gedrückt“ - unabhängig davon wie sich die Bedarfssituation während des Einbautages gestaltet. Die Planung erfolgt baubegleitend und setzt deutlich zu spät mit einem zu geringen Detaillierungsgrad an. Die Folgen sind lange Standzeiten, unabgestimmte Prozesse und ein stockender Baufortschritt. Genau hierin unterscheidet sich der Ansatz von Volz Consulting von anderen Anbietern, denn die Vorbereitung eines Projekts beginnt in den Köpfen. Durch Building Information Modeling - kurz BIM – werden von der Planung über die Ausführung bis hin zum fertigen Bauwerk alle Informationen in einem Datenmodell festgehalten. Dazu wird eine neue Form des Planungsprozesses notwendig, die sowohl die Arbeitsvorbereitung ganzheitlich betrachtet und die Projektphasen vor Baubeginn in den Fokus rückt. Sobald im ersten Schritt die Arbeitsvorbereitung neu gestaltet ist, bedarf es im zweiten Schritt Software, um diese Prozesse zu vereinfachen und zu automatisieren. Dadurch rückt die Baustelle für die Prozessbeteiligten ins Zentrum der Wertschöpfung, die das Material bedarfsgerecht von der Mischanlage im Takt zur Baustelle „zieht“. Die Umgestaltung der „drückenden“ Materialbelieferung in ein ziehendes Pull-System und die Neugestaltung des Planungsprozesses im Bauunternehmen ist die tatsächliche Schwierigkeit. Und dafür ist es notwendig zu wissen, von was man redet. Genau deshalb besitzen alle Berater von Volz Consulting langjährige Erfahrung als Bauleiter im Asphaltstraßenbau, um auch besondere Herausforderungen zu meistern.

Projektbericht A24 Talkau - Kompaktasphalt
Zu einer solchen Herausforderung wurde beispielsweise ein Kompaktasphaltprojekt auf der A 24 bei Talkau südlich von Hamburg. Die Baumaßnahme dauerte insgesamt mehr als 20 Einbautage davon mehr als 6 Tage mit Kompaktasphalt. Insgesamt wurden mehr als 55.000 Tonnen Asphalt in der Trag-, Binder und Deckschicht verbaut. Das bedeutete, dass das Dickenverhältnis von Binder- und Deckschicht (10 cm zu 2 cm) auch in der Liefersequenz nicht nur Just-in-Time sondern auch Just-in-Sequence abgebildet werden musste, da bei Kompaktasphalt Binder- und Deckschicht simultan durch einen Fertiger mit zwei Bohlen eingebaut werden. Nach 5 LKW-Ladungen mit Binder musste ein LKW mit Deckenmaterial beladen werden. Die Koordination der LKW zwischen Baustelle und Mischanlagen im richtigen Verhältnis wurde durch BPO ASPHALT übernommen. Hierzu wurde an den beteiligten Mischanlagen eine Schnittstelle zur Waage geschaffen, sodass alle Lieferscheindaten in elektronischer Form auf der Baustelle in Echtzeit zur Verfügung gestellt und von der Prozesssteuerung verarbeitet werden konnte. In BPO ASPAHLT ist diese Schnittstelle standardmäßig implementiert und erlaubt es unabhängig vom eingesetzten Wiegesystem die Lieferscheindaten zu verarbeiten und in digitaler Form zur Verfügung zu stellen. Zusätzlich wurden die Positionsdaten der Bunte-eigenen LKW über eine Schnittstelle zum TomTom Flottenmanagementsystem abgegriffen. Während des Einbaus konnte auf der Baustelle, an den beteiligten Mischanlagen und im Baubüro der Aufenthaltsort jedes einzelnen LKW oder der gesamten Flotte abgefragt und auf einer Karte in Echtzeit dargestellt werden. Der Abgleich der Positionsdaten erfolgte vollautomatisch über die Schnittstelle. Die fremden LKW, die nicht über das bei Bunte eingesetzt TomTom System eingebunden werden konnten, wurden durch die Tracking-App von Volz Consulting in BPO ASPHALT via Smartphone integriert. Dabei unterstützt BPO ASPAHLT modular: Selbst wenn Bauunternehmen über keine eigenen Mischanlagen verfügen oder LKW nicht mit GPS ausgestattet werden können, lassen sich die Vorteile des Systems nutzen.

Während des Einbaus war zu jeder Zeit genau ersichtlich welche Materialmenge an Binder und an Decke sich im Zulauf befindet und wann der nächste LKW mit welchem Material eintreffen wird. Der Verbrauch wurde für jede Materialart automatisch berechnet und auf zeitliche Verschiebungen konnte rechtzeitig reagiert werden, sodass der kalkulierte Fertigstellungstermin gehalten werden konnte. Ein Mehraufwand oder eine Zusatzbelastung gibt es durch das System nicht. Im Gegenteil, alle Prozesse laufen einfacher ab als ohne und jeder der Beteiligten profitiert nicht nur zeitlich sondern wird auch in seiner Tätigkeit unterstützt. Die Bedienung von BPO ASPAHLT auf der Baustelle ist ebenfalls äußerst einfach aufgebaut. Installationen oder teure Spezialhardware sind überflüssig: „Anfangs hatte ich Bedenken, ob ein solches System wirklich funktionieren kann. Aber bereits nach ein paar Stunden haben wir die Systembedienung übernommen und konnten die meisten Funktionen selbständig bedienen. Man kann von der Baustelle aus die Materialbelieferung steuern und die automatisch berechneten Parameter wie der Materialverbrauch oder die Liefermenge im Zulauf zur Baustelle erleichtern die Arbeit. Die Systembedienung ist einfach und macht Spaß.“, so der zuständige Einbaumeister bei Johann Bunte.

Fazit
Damit auf der A24 alles glatt laufen konnte, sind aber nicht nur eine hervorragende Mischanlage mit der richtigen Besatzung, eine erfahrene Einbaumannschaft und ein gutes Softwaresystem notwendig. Die Volz Consulting GmbH ist als Prozessberater auf die Optimierung von Straßenbaustellen spezialisiert. Bereits vor einem Jahr konnte man die erste Baustelle in Deutschland in Echtzeit steuern. Alle Berater haben mehrjährige Erfahrung bei der Planung und Durchführung von Asphaltbaustellen jeder Größe und stammen aus der Asphaltbranche. Dies war besonders bei der Baumaßnahme in Talkau von Vorteil. Der zuständige Berater von Volz Consulting ist auf die Planung von InlinePave– und Kompaktasphalt spezialisiert und betreut diese Verfahren bereits mehrere Jahre. „Durch Volz Consulting haben wir viele operative Tipps erhalten, um die Baumaßnahme im Rahmen des engen Zeitplanes abzuwickeln und um mit den vorhandenen Möglichkeiten die maximale Leistungsfähigkeit zu erreichen.“ So die zuständige Bauleitung bei Johann Bunte. Das Fazit: Über weite Etappen der Baumaßnahme waren während des Kompaktasphalts nur etwa 3-4 LKW auf der Baustelle vorhanden. Standzeiten konnten vermieden werden und es wurde anschaulich demonstriert welche Vorteile eine Echtzeit-Prozessteuerung im Alltag bringt.

von Redaktion

Erschienen in Ausgabe: Dezember 2015 | Seite 7

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