Baupolitik -

Politik läuft sich zur Bundestagswahl warm

Bauministerin lobt eigene Regierungsarbeit. Schulz verknüpft bezahlbaren Wohnraum mit Menschenwürde

DBU/Berlin – Zum ersten Mal seit den 1990er Jahren ist der Wohnungsbau wieder ein zentrales Thema im Bundestagswahl-Kampf. Vertreter aller großen Parteien nutzten daher den 9. Wohnungsbau-Tag in Berlin, der am 22. Juni in der bayerischen Landesvertretung stattfand, um sich und ihre Parteien inhaltlich zu positionieren.

Laut Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbandes der deutschen Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW, ist die zentrale baupolitische Frage: „Wie kommen wir zu mehr bezahlbaren Wohnraum.“ Gleich zu Beginn des Wohnungsbautages sagte Gedaschko, dass „normales Bauen derzeit bedeute, an der Gesellschaft vorbei zu bauen.“ Zugleich benennt der Spitzenvertreter der Wohnungswirtschaft auch die aus seiner Sicht Verantwortlichen: Bund, Länder und Kommunen.
Ähnlich schätzt auch Lukas Siebenkotter, Direktor des Deutschen Mieterbundes, die aktuelle Situation ein. Das Problem, keinen angemessenen Wohnraum zu erschwinglichen Preisen finden zu können, sei in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Eine schnelle Lösung für diese angespannte Situa­tion gebe es nicht. „Die Probleme können nicht binnen Monaten gelöst werden.“ Und das müsse auch aktiv gegenüber den Bürgern und Wählern kommuniziert werden, sagte Siebenkotter mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl am 24. September.

GdW-Präsident Gedaschko wollte schon erste Zeichen der Besserung sehen. „Die Trendumkehr ist geschafft“, so Gedaschko mit Blick auf die steigende Zahl von Baugenehmigungen und -fertigstellungen in Deutschland. Doch trotz dem Gegensteuern seien in den letzten Jahren rund eine Million Wohnungen zu wenig gebaut worden. Die Zahlen entnahm der GdW-Präsident einer aktuellen Prognos-Studie, die anlässlich des Wohnungsbautages in Berlin vorgestellt wurde.

Hendricks: „Baupolitik ist kein wendiges Schnellboot“
SPD-Bundesbauministerin Barbara Hendricks nutzte den Wohnungsbautag, um ihre Sicht auf die aktuelle Baupolitik zu schildern und die Leistungen der ablaufenden Legislaturperiode zu bewerten. Die Koalition im Bund aus Sozialdemokraten und Union habe gleich nach der Bundestagswahl 2013 die Weichen für mehr Wohnungsbau gestellt, so die zuständige Ministerin, zu deren Regierungsressort auch die Themenfelder Umwelt und Reaktor­sicherheit gehören.
Mit Blick auf die schwarz-gelbe Vorgängerregierung sagte Hen­dricks, diese habe das Programm „Soziale Stadt“ bis zur Unkenntlichkeit zusammengestrichen. Dieses Programm war 1999 aufgelegt worden, um die Wohn- und Lebensbedingungen in ausgewählten Stadtquartieren zu verbessern. Bis 2013 wurden 617 Stadtgebiete durch das Programm gefördert.
Auch die SPD-Ministerin verwies auf die erreichte Trendumkehr am Wohnungsbaumarkt, betonte aber auch, dass das Erreichte noch immer nicht genug sei, um den rapiden Anstieg der Mietpreise in den Ballungszentren zu bremsen. Die aktuelle jährliche Teuerungsrate bei Neuvermietung sei laut Ministerin nach wie vor viel zu hoch.
Um dieser Teuerung entgegenzuwirken, habe die Bundesregierung in den vergangenen Jahren massiv den Sozialen Wohnungsbau gefördert, so Hendricks. „Wir haben die Kompensationsmittel für die Länder verdreifacht.“ Hierdurch sei der Soziale Wohnungsbau um 70 Prozent gestiegen, so die SPD-Politikerin.
Neben Ministerin Hendricks nutzte auch SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz den Wohnungsbautag, um für die baupolitischen Positionen der Sozialdemokraten zu werben. Zu Beginn seiner Rede, betonte Schulz die herausragende Bedeutung des Wohnungsbaus. Der ehemalige Präsident des Europa-Parlamentes sagte, die Wohnungspolitik sei eins der wichtigsten Felder der Innenpolitik.
Der Kanzlerkandidat betonte wiederholt den hohen Stellenwert des Wohnraums. Wohnen sei ein Grundrecht. „Es gehöre zur Würde des Menschen, bezahlbaren Wohnraum finden zu können“, so der Sozialdemokrat, aus dessen Sicht die aktuelle Diskussion um erschwingliche Wohnungen häufig „zu technisch“ geführt werde.

Schulz wirbt für Familienbaugeld
Martin Schulz strebt eine Erhöhung der Eigentümerquote in Deutschland an. Hierzu wirbt er unter anderem für die Einführung eines Familienbaugeldes. Dieses soll Paaren mit Kindern, die sich ein Eigenheim errichten wollen, zu Gute kommen. Zudem sei eine eigene Wohnimmobilie noch immer die beste Absicherung gegen Altersarmut, so Schulz weiter.
Gegen Ende seiner Rede spricht Schulz schließlich noch eine Reihe sozialer Aspekte an. So sagt er, dass nicht nur das Wohnungsangebot aufgestockt werden müsse, sondern auch die Einkommen, sprich die Nachfragekraft der Mieter erhöht werden müsste. Er warnt vor gravierenden sozialen Folgen, die auftreten würden, wenn die Menschen im ländlichen Raum nicht ausreichend ein- und angebunden werden. In diesem Zusammenhang spricht sich Schulz für flächen­deckende Internetbreitbandnetze und eine leistungsfähige Infrastruktur aus.

Erschienen in Ausgabe: Juli 2017 | Seite 3

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