Fachkräftemangel -

Personalnot im Ausbaugewerbe würgt den Wohnungsbau ab

Ausländische Arbeiter schließen Lücke im Hauptgewerbe. Klempnerjobs bleiben 183 Tage vakant

DBU/Berlin – Der Mangel an Baufachkräften im Ausbaugewerbe bremst den Wohnungsbau. Zu dieser Einschätzung kommen die Volkswirte der staatseigenen Bank KfW in einer Mitte August vorgelegten Studie. Demnach gibt es in Deutschland „Kapazitätsengpässe in der Bauwirtschaft“, schreiben die Experten der KfW. „Und zwar zunehmend ausgelöst durch Fachkräftemangel.“

Auch das Bauhauptgewerbe sucht händeringend Fachkräfte, wie der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) bestätigt. Beim Fachkräfteangebot gebe es eine Differenz zur Nachfrage, sagte Andreas Geyer, Hauptabteilungsleiter Wirtschaft beim ZDB gegenüber der Fachzeitung Der BauUnternehmer. Einen Personalnotstand will der ZDB-Experte allerdings nicht bestätigen, sondern verweist auf den kontinuierlichen Beschäftigungsaufbau der zurückliegenden Jahre. Tatsächlich ermittelte das Statistische Bundesamt (Destatis) für den Zeitraum von 2009 bis 2017 einen Beschäftigungsanstieg im Bauhauptgewerbe von 705.000 auf 812.000 Personen.
Dieser Einschätzung stimmen die KfW-Volkswirte zu. „Die Unternehmen des Bauhauptgewerbes konnten die Baunachfrage bisher befriedigen“, schreiben die Wirtschaftsanalysten der KfW. Im Ausbaugewerbe gebe es jedoch nach der neuesten Analyse der Bundesagentur für Arbeit (BA) schon heute gravierende Fachkräfteengpässe.
Tatsächlich blieben als offen gemeldete Stellen im Klempner- und Sanitärhandwerk zuletzt im Schnitt 183 Tage (ein halbes Jahr) unbesetzt. Wie aus den aktuellen Zahlen der BA hervorgeht. Damit habe sich das Fachkräfteangebot in diesem Bereich im vergangenen Jahr weiter verknappt, folgert die KfW. „Mittlerweile weist keine andere Branche derart lange Vakanzeiten aus.“ Vor allem Meister seien schwer zu bekommen, zunehmend aber auch andere Fachkräfte im Bauhandwerk, so die KfW.
Die Volkswirte der Bank sehen darin einen Hauptgründe für den enormen Bauüberhang in Deutschland. „In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Schere zwischen Baugenehmigungen und Baufertigstellungen im Wohnungssektor immer weiter geöffnet. Aktuell warten in Deutschland 653.000 genehmigte Wohnungsneubauten auf Umsetzung“, sagte Dr. Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW-Bankengruppe. „Ich erwarte, dass die Zahl bis Jahresende weiter steigt.“ Laut KfW-Prognose wird die Zahl der genehmigten Wohnungen die Fertigstellungen im laufenden Jahr um 50.000 Einheiten übertreffen (siehe Meldung Seite 2). „Es hapert an der Umsetzung bewilligter Bauvorhaben“, folgern die KfW-Experten.

17 Prozent ohne deutschen Pass
Aktuelle Zahlen des Hauptverbandes der Deutschen Bauwirtschaft zeigen, dass vor allem Arbeitskräfte aus dem Ausland die Bedarfslücke des Bauhauptgewerbes schließen. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Baubeschäftigten ohne deutschen Pass ist seit 2009 sprunghaft angestiegen, und die Zunahme beschleunigt sich weiter. Im vergangenen Jahr lag die Ausländerquote im Bauhauptgewerbe bei rund 17 Prozent, im Hoch- und Tiefbau gar bei 23 Prozent. 2009 lagen die entsprechenden Werte noch bei acht beziehungsweise neun Prozent. Auch die Zahl der entsandten EU-Arbeitskräfte auf deutschen Baustellen hat sich im gleichen Zeitraum auf rund 102.000 Personen verdoppelt.

Halbierte Branchenbelegschaft
Laut ZDB-Experte Geyer hat die deutsche Bauwirtschaft bis heute mit den Folgen des drastischen Stellen- und Ausbildungsrückgang der Jahre 1995 bis 2005 zu kämpfen. Damals habe sich die Branchenbelegschaft von 1,4 Millionen auf 700.000 halbiert. Die Lehrlingszahlen seien damals sogar überproportional um 60 Prozent gesunken, so Geyer.

Erschienen in Ausgabe: September 2018 | Seite 1

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