von Gastautor

Per Mausklick zum Traumjob auf der Baustelle

Bayerisches Bauunternehmen sucht Fachkräfte neuerdings über Facebook und Instagram

Steffen liebt seine Bohrmaschine. Sie fährt angeschnallt auf dem Beifahrersitz mit, wenn Steffen auf der Baustelle ankommt. Der gelernte Maurer herzt sie, wenn er mit dem Löcher bohren fertig ist. Zu sehen ist die „Maschinen-Liebe“ auf dem Instagram-Kanal der Firma Mayerle Bauunternehmen aus Dillingen in Bayern.

Knapp 7000 Menschen haben sich das witzige Video bisher angeschaut. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, steht unter dem Reel. So nennt die Facebook-Schwester Filmschnipsel, die maximal 59 Sekunden lang sind. 140 Zuschauern gefällt die ironische Inszenierung. Sie haben das Video geherzt. Und User wie „lenchen185“ kommentieren es mit „Vor-Lachen-weinenden“ Emojis oder einem Daumen-hoch.

Familienunternehmen in dritter Generation findet über herkömmliche Stellenanzeigen kaum noch  Mitarbeiter

Helmut Mayerle, der das Familienunternehmen gemeinsam mit seinem Cousin Michael in dritter Generation führt, erklärt, wie es zum Instagram-Engagement kommt: „Wie alle Bauhandwerker suchen wir Mitarbeiter“, so der 50-jährige Bauingenieur, dessen Firma bis zu fünf Millionen Euro Umsatz im Jahr erzielt, aktuell 30 Menschen beschäftigt und überwiegend Eigenheime im Umkreis von 40 Kilometern erstellt. Doch weil Stellenanzeigen in vier benachbarten Landkreisen ohne jede Reaktion bleiben, testet der Unternehmer seit Herbst vorigen Jahres die sozialen Medien. Mit Hilfe der ebenfalls aus Dillingen stammenden Agentur SocialMe erstellt Mayerle Firmenprofile auf Facebook und Instagram.

„Zuerst wollte ich das in Eigenregie machen“, sagt Mayerle. Doch seine Postings sind wenig professionell und im Alltagsgeschäft bleibt kaum Zeit für Aktivitäten in den online Netzwerken. Inzwischen postet die Agentur zweimal pro Woche in seinem Auftrag Videos, Fotos und Stellenanzeigen. Die produzieren das Material alle zwei Monate vor Ort und in einem Rutsch. Selbst Ideen – wie die Bohrmaschinenbeziehung – bringen sie mit.

Immer flott geschnitten, oft mit rockiger Musik unterlegt und ab und an mit Meinung. Da spricht etwa Mitarbeiter Cevat in die Kamera und erzählt, was er an seinen Chefs schätzt, lobt die familiäre Arbeitsatmosphäre im Betrieb und signalisiert dem Betrachter: Bewirb dich – du bist willkommen.

Fünf Bewerber haben sich bereits auf Instagram vorgestellt

650 Menschen haben den Mayerle-Kanal auf Facebook binnen fünf Monaten abonniert. 400 weitere folgen der Baufirma auf Instagram. Bedenken, dass dies auf den ersten Blick zu wenig Follower sein könnten, wischt Mayerle weg: „Fünf Bewerber haben sich vorgestellt, seitdem wir uns online präsentieren“, berichtet der Inhaber, dessen Unternehmen seit fast 100 Jahren existiert und neue Chancen in der Vermarktung sucht.

Zwar haben die Chefs noch keinen neuen Kollegen eingestellt, aber die positive Resonanz sei deutlich zu merken. Freunde, Kollegen und das familiäre Umfeld fänden die Präsenz des Betriebs auf den sozialen Kanälen gut und professionell. „Hilfreich, um Leute dazu zu bekommen, sich zu bewerben, ist das Management über eine Landingpage“, sagt Matthias Klügl, Inhaber der Agentur SocialMe, die für Mayerle arbeitet.

Interessierte Maurer oder Vorarbeiter können sich über diese mit ein paar Klicks bewerben. Lästige Motivationsschreiben oder das Erstellen und Hochladen von Lebensläufen sind nicht nötig. Stattdessen beantworten Bewerber fünf Fragen zur Person und Berufserfahrung. Das war´s. „Bewerberrituale aus dem vorigen Jahrhundert braucht heute keiner mehr“, sagt Klügl. Der Markt hat sich gedreht, gute Bewerber können sich heute Betriebe aussuchen. „Deshalb müssen Einstiegshürden weg“, finden Klügl und Mayerle unisono. Beide zeigen sich zuversichtlich, dass weitere Bewerber folgen.

Denn die fühlen sich angesprochen von authentischen Bildern und den Einblicken, die das Team virtuell gewährt. Das Familiäre des Mittelständlers kommt rüber. In einem nächsten Schritt will Mayerle Kunden via Video zu Wort kommen lassen. Um so das Image des Traditionsbetriebs ins 21. Jahrhundert zu transferieren. „Ich bin überzeugt, das ist der richtige Weg“, sagt der Geschäftsführer.

Autor: Michael Sudahl

Bild: Gute Stimmung bei Helmut Mayerle (zweiter v. li.) und Michael Mayerle (Bildmitte) – Mehr als 1000 Abonnenten folgen ihrem Bauunternehmen bereits auf Social-Media-Kanälen. (Foto: Social me)

von Gastautor

Erschienen in Ausgabe: Juli 2022 | Seite 07

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