von Redaktion

(Foto: HANLO Haus)

Nullemssionsstandard für alle Neubauten schon ab 2028?

EU-Parlament will Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie verschärfen - Bauwirtschaft warnt vor weiterer Preisexplosion beim Bauen

Wenn Klimaschutz im Wohnungsbau zum unbezahlbaren Luxus wird, müsste die Politik eigentlich für Korrekturen sorgen, damit Bauen günstiger wird. Doch das Gegenteil ist derzeit der Fall. Bei der europäischen Gebäudeenergieeffizienzrichtlinie (EPBD) strebt das EU-Parlament  jetzt sogar höhere Ziele an als die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten. Für den Neubau soll ein neuer Nullemissionsstandard eingeführt werden – ab 2026 für öffentliche Gebäude, für alle Gebäude ab 2028.

Die Mitgliedstaaten hatten sich im Oktober 2022 zunächst auf eine Abschwächung der Regeln verständigt. Die vom Industrieausschuss vorgeschlagenen kurzfristige Verschärfungen der Neubaustandards  gehen nach Ansicht des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes (ZDB) und des Hauptverbands der Deutschen Industrie (HDB) in eine falsche Richtung:

Felix Pakleppa (ZDB): "Klimaschutz ist richtig, Bauen und Renovierung müssen aber machbar bleiben"

„Klimaschutz ist richtig, Bauen und Renovierung müssen aber machbar bleiben“, betont Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB). „Die größte Herausforderung sind die Anforderungen an die Renovierung des bestehenden Gebäudebestands in den kommenden Jahren, um ein ähnliches Niveau wie bei Neubauten zu erreichen. Eigentümer sollten motiviert werden und nicht durch gesetzliche Maßnahmen gezwungen werden.“ Nach dem angenommenen Text sollen alle neuen Gebäude ab 2028 emissionsfrei sein, neue öffentliche Gebäude schon ab 2026 . Die EU-Kommission hatte 2030 bzw. 2027 vorgeschlagen).

Ein grundsätzliches Problem bei der Festlegung von Mindeststandards und dem Erreichen bestimmter Energieeffizienzklassen ist vor allem, dass in den Mitgliedsländern der EU unterschiedliche Berechnungsmethoden und Kriterien sowie Energieeffizienzklassen bestehen. Die EU solle zunächst einheitliche Grundlagen schaffen, bevor sie versucht, einheitliche Anforderungen zu definieren. „Zu hoffen bleibt, dass die kommenden Verhandlungen der drei europäischen Gesetzgeber zu einem machbaren Gesetzeswerk führen“, so Pakleppa.

Tim-Oliver Müller (HDB): "Bezahlbarkeit von Wohnraum muss stärker in den Fokus rücken"

In der aktuellen Wohnungsbaukrise sind Richtlinien, die das Bauen teurer machen, absolutes Gift. Die verschärften Anforderungen, die die EU vorsieht, müssen durch eine erhöhte Förderung unterstützt werden. Es muss jetzt verstärkt die Bezahlbarkeit von Wohnraum in den Fokus gerückt werden – auf nationaler wie auf EU-Ebene“, so Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer der Bauindustrie (HDB).

Bei den Vorhaben der EU zur Sanierung sieht das anders aus. Hier setzt das EU-Parlament durch Mindestanforderung für die Gebäudeenergieeffizienz auf eine Sanierungspflicht für den ineffizientesten Gebäudebestand. „Für das Bauen im Bestand bringt die Sanierungspflicht einen großen Schub. Sie hat das Potenzial, die Sanierungsquote von aktuell circa einem Prozent endlich zu erhöhen und den Gebäudebestand effizienter zu machen.“ so Tim-Oliver Müller.

Auf europäischer Ebene wird zudem ein erster Schritt in Richtung einer Lebenszyklusbetrachtung von Bauwerken gemacht. Die Richtlinie sieht vor, zukünftig die sogenannte „graue Energie“ im Energieausweis des Gebäudes offenzulegen. Die Bauindustrie unterstützt diese ganzheitliche Lebenszyklusbetrachtung von Gebäuden. Dies muss jedoch frühzeitig geschehen, sodass schon in der Planung Einfluss auf den CO2-Fußabdruck genommen werden kann. Der Plan der EU greift daher noch zu kurz.

Das EU-Parlament legt auch großen Wert auf Quartiersansätze, bei denen eine Vielzahl von Gebäuden effizient saniert, an effiziente Heiz- und Kältesysteme und Netze angeschlossen oder Gemeinschaften zur Nutzung von erneuerbaren Energien aufgebaut werden. Die Bauindustrie hat sich dafür eingesetzt, die Sanierung von zusammenhängenden Gebäudebeständen, sei es im Quartier oder als Portfolio, voranzutreiben, um damit Skaleneffekte für den Umbau zu einem effizienteren Gebäudebestand zu erschließen und begrüßt dieses Vorhaben ausdrücklich.

 

Bild: Vorbildliches Plus-Energiehaus in Werder an der Havel (Land Brandenburg): Zur Energieerzeugung wird im neuen Hanlo-Musterhaus sowohl eine auf dem Flachdach aufgeständerte als auch eine in der Fassade integrierte Photovoltaikanlage eingesetzt. (Foto: HANLO Haus)

 

von Redaktion

Erschienen in Ausgabe: online

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