von Gastautor

Chat-GPT schreibt auch Angebote für Bauprojekte

Künstliche Intelligenz (KI) ist auch in mittelständischen Bauunternehmen nicht mehr aufzuhalten

Manche Antworten sind witzig: Auf die Frage, was mehr wiegt, ein Kilo Nudeln oder ein Kilo Stahl, soll Chat-GPT geantwortet haben: „Ein Kilo Stahl wiegt mehr als ein Kilo Nudeln.“ Auf Fangfragen scheint die Künstliche Intelligenz (KI) aus den USA nicht vorbereitet zu sein. Trotzdem ist der mediale Hype um die schlaue Software enorm. Gespeist mit dem Internetwissen bis Anfang 2022 beantwortet Chat-GPT Fragen der Nutzer. Und zwar mit einer hohen Treffsicherheit – mit Ausnahmen wie oben. Doch nicht nur antworten kann das Programm. Es schreibt auch. Lautet die Eingabe etwa: „Bitte ein Dankesschreiben an meinen Kunden XY anfertigen!“ Blinkt etwas später ein gewinnender Brieftext auf dem Bildschirm – den vermutlich 90 Prozent der Anwender nicht besser hätten tippen können. Grammatik und Satzbau passen, sogar die Kommata sind richtig gesetzt. Beeindruckend.

Software übersetzt Kündigungen auch ins Polnische

Unlängst hat der Grünen-Politiker Alexander Salomon im baden-württembergischen Landtag seine erste Rede gehalten, die von Chat-GPT geschrieben wurde. Wäre das nicht auch für jeden Meister eine Erleichterung: die Weihnachtsrede vom Automaten gestrickt? „Ja, sicher“, meint Thomas Gebhardt von der Handwerkskammer (HWK) Stuttgart. Auch die Rede für die Freisprechung der Azubis könnte Chat-GPT ersinnen. Und die Angebotstexte für das Bauprojekt – auch die kann das Programm liefern, wenn es ein paar Stichworte bekommt. Wobei der Digitalexperte hier schon warnt. „Handwerk ist nicht mit universitärem Umfeld zu vergleichen“, sagt Gebhardt. Dort fände sich viel mehr Text, aus dem die KI-Maschine ihre Bausteine zusammenschustern könne. Passt eine Version nicht, kann man die KI zum Nachbessern auffordern, wie in einem Video des Mittelstand-Digital Zentrums Handwerk erklärt wird. Dort ist zu sehen, wie die Künstliche Intelligenz Kündigungsschreiben oder Social-Media-Posts generiert. Diese übersetzt die Software zudem in Fremdsprachen: Ein Aushang zum Arbeitsschutz am Schwarzen Brett in Deutsch, Polnisch und Rumänisch – mit dem Chat-Programm kein Problem.

Felix Pflüger von Telefonieprovider Peoplefone Deutschlandauf (www.peoplefone.de) findet Internetrecherchen, die der Algorithmus übernimmt, ebenso spannend. Der Deutschlandchef des Telefonieproviders betreut mehrere tausend mittelständische Betriebe, darunter etliche Bauhandwerker. „Wie viel Bafög bekommen Azubis und zu welchen Bedingungen?“, könnte eine Frage lauten. Und die KI formuliert binnen Sekunden eine verständliche Antwort. Mühselige Recherchen wären passé. Oder: „Was bedeutet Nullsteuersatz bei Photovoltaikanlagen“. Zack, bekommt der Unternehmer einen lesbaren Einblick ins Steuerrecht. Das spart Zeit und ist zudem einfacher als Schreiben des Bundesfinanzministeriums eigenhändig zu studieren. Oder eine Google-Trefferliste durchzuscrollen, die auf den ersten zehn Positionen Anzeigen präsentiert. Und wer Chat-GPT nach Energiespartipps für den Betrieb fragt, dem listet die KI auf, was zu tun ist: Wände dämmen, LED-Leuchten einsetzen, E-Motoren bei Maschinen erneuern oder Abwärme nutzen zum Beispiel. Wichtig zu wissen: Je spezifischer die Anfrage, desto besser die Antwort der KI. „Interessant ist, dass Chat-GPT nicht nur die passende Stelle nennt, sondern Wissen in lesbare Zusammenfassungen verwandelt“, so Pflüger, „beziehungsweise in der Lage ist, zum Wissen gleich passende Fragen zu erstellen“.

Dass Microsoft zehn Milliarden Euro in das Start-up OpenAI, den Erfinder des Programms, investiert, lässt Tec-Riesen Amazon und Google aufhorchen. Die Suchmaschine stellte daraufhin Anfang Februar einen eigenen KI-Chatbot vor: „Bard“ steht jedoch nur einem kleinen Kreis zum Testen zur Verfügung, soll jedoch in Bälde öffentlich zugänglich werden, wie Google-Chef Sundar Pichai mitteilt. Mancher IT-Experte spricht schon von einem ähnlichen Erfolg wie bei der Erfindung des Smartphones oder gar des Internets. Pflüger sieht durch den Einsatz von intelligenter Chat-Software vor allem Hilfe, um administrative Aufgaben zu erledigen. „Wer weniger recherchieren will und sich ungern mit Schriftverkehr beschäftigt, für den ist die KI sicher eine Erleichterung“, so der Peoplefone-Chef.

In Deutschland gibt es Chat-GPT bislang als Testversion

Zu benutzen ist die Chat-GPT derzeit in Deutschland nur als Testversion. In den USA soll es bald ein Abo-Modell geben, für um die 20 Euro pro Monat. Doch was die KI wohl auch in Bezahlversion nicht kann, ist Denken. „Jede Antwort ist auf Fakten und Plausibilität zu prüfen“, rät Pflüger. Denn auch wenn Chat-GPT ein enormes Wissen hat und dieses binnen Sekunden analysiert, und das Extrakt textet, so hat sie keine Qualitätskontrolle – wie die Nudel-Stahl-Antwort zeigt. Noch nicht.

Auch für das Schreiben von Homepages könnte die KI Mittelständlern dienen, allerdings besteht die Gefahr, dass bald alle Texte auf Webseiten ähnlich klingen. „Die Variationen erschöpfen sich, weil die KI nur reproduzieren kann“, sagt Pflüger. Thomas Gebhardt räumt ein, es sei grundsätzlich richtig, wenn sich Mittelständler mit der künstlichen Intelligenz beschäftigen, jedoch sollte nicht das Wissen in den Betrieben vergessen werden.

Pflüger hingegen sieht die Speicherung von „Brain Data“ als Aufgabe an – besonders im Mittelstand. „Denn nach wie vor ist es wichtig, von Meistern zu lernen“, findet der IT-Experte und erinnert an die Tugend von Wanderschaft und Walz, die jahrhundertelang jungen Gesellen diente, möglichst viel Wissen und Lebenserfahrung zu sammeln. Explizit Lebenserfahrung kann keine KI ersetzen. Michael Sudahl

Bild: Felix Pflüger von Peoplefone Deutschland betreut bereits viele mittelständische Unternehmen bei der Anwendung von KI. (Foto: Peoplefone )

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von Gastautor

Erschienen in Ausgabe: April 2023 | Seite 08

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