Innen & Außen - von Redaktion

Knoten entwirrt

Parkdecks am Hauptbahnhof Wuppertal mit Oberflächenschutz von Remmers

Löningen – Der Straßenverkehr hatte Wuppertals Stadtzentrum bisher fest im Griff. Nun wird das gesamte Bahnhofsvorfeld in einem großen Befreiungsschlag neu geordnet: Busbahnhof, Parkhaus und eine Mall verbinden sich in einem hochkompakten Baukörper, sodass wieder mehr Platz für Fußgänger und einen repräsentativen Stadteingang bleibt. Autos verschwinden unauffällig in zwei Parkdecks. Um diese attraktiv zu gestalten, setzten das Architekturbüro HHG, die Hensler Ingenieur GmbH und die Storax Boden GmbH auf Beschichtungen von Remmers.

Reisende, die länger nicht in Wuppertal waren, werden die Stadt kaum wiedererkennen. Zumindest nicht, wenn sie mit dem Zug ankommen: Wer aus dem Bahnhof tritt und in Richtung Zentrum geht, wird von einem Stück wiedergewonnener Urbanität empfangen.
In den Sechzigerjahren hatten sich dort Verkehrsplaner ausgetobt und nach dem Leitbild der autogerechten Stadt ein Konvolut von Straßen, Rampen und Busspuren geschaffen, das Fußgänger zur Randerscheinung degradierte. Mittels Ampeln, Zebrastreifen und Unterführungen musste man sich mühsam den Weg ins Zentrum bahnen – der Stadteingang glich beinahe einem Autobahnkreuz.
Ganz anders heute: Zwei verkehrsberuhigte Plätze mit Geschäften und Cafés bereiten dem Besucher einen angenehmen Empfang, laden zum Verweilen ein und geleiten ihn in Richtung City.

Diesem Wandel ging ein aufwendiger Umbau des kompletten Bahnhofsvorfelds voraus. 2004 lobte die Stadt einen städtebaulichen Wettbewerb aus, bei dem sich das Büro JSWD durchsetzte. Daraufhin wurde die stark befahrene Bundesstraße B7 tiefergelegt und mit einer flachen Brücke überspannt, die eine ebenerdige Verbindung zwischen Stadtzentrum und Bahnhof ermöglicht. Dieser Weg für Fußgänger wird von Geschäftsbauten flankiert, die auf der Brücke errichtet wurden.

Außergewöhnliche Kombination
Zweiter wesentlicher Bestandteil des Konzepts ist ein Bauwerk, das 240 parkende Autos aus dem Stadtbild verschwinden lässt. Es ist ein Hybrid aus Shopping-Mall, Busbahnhof und Parkhaus. Die bewegte Topographie Wuppertals ermöglichte es, diese Funktionen zu stapeln, ohne die Blickachse auf den Hauptbahnhof zu verstellen. Weil der leicht erhöht am Hang liegt, ließ sich das neue Bauwerk direkt zu seinen Füßen errichten.

Passanten gehen nun, von der Brücke kommend, durch die Mall an Läden und dem Reisezentrum der DB vorbei zu den Gleisen. Neben den Geschäften haben zwei Parkdecks Platz gefunden. Eine Fassade aus Naturstein fasst beides zusammen und weckt Assozia­tionen an eine Stützmauer am Hang, denn das Dach über Mall und Parkhaus dient als Busbahnhof. An 18 Haltebuchten können hier täglich 65.000 Fahrgäste umsteigen. Die Anlage wird von einer seitlichen Straße angefahren, die den Berg hinaufführt, sodass nicht einmal die Busse die neue geschaffene Fußgängerzone vor dem Bahnhof stören.

Für die barrierefreie Verbindung der unterschiedlichen Ebenen sorgen imposante Aufzüge. Eine Schar schräggestellter Rundstützen, durcheinandergewirbelt wie Mikadostäbe, bildet jeweils den Schacht, in dem die Kabine von den Bussteigen hinab in die Mall fährt. Dort setzt sich das Mikado-Motiv fort. Die Stützenkränze tragen hier das Dach der Einkaufspassage und werden durch Lichtöffnungen von oben effektvoll in Szene gesetzt. Die Planung des gesamten Bauwerks übernahm eine Arbeitsgemeinschaft der Büros GKK Architekten aus Hamburg und HIG aus Kassel.

Zeitgemäßer Komfort
Die Parkdecks sind so konzipiert, dass sich kompliziertes Rangieren erübrigt. Dank großer Deckenspannweiten konnte auf Stützenreihen zwischen Fahrgasse und Stellplätzen verzichtet werden. Weil die Pfeiler stattdessen dort stehen, wo die Stellplätze Kopf an Kopf aneinanderstoßen, müssen Autofahrer ihnen beim Einparken nicht mühsam ausweichen.
Auch an Personen, die ihr Fahrzeug gar nicht abstellen wollen, wurde gedacht: Wer Freunde oder Verwandte zum Bahnhof bringt, kann kurz in einer sogenannten „Kiss and Ride“-Zone im unteren Parkdeck halten, wettergeschützt das Gepäck aus dem Kofferraum holen und sich verabschieden. Nicht zuletzt finden auch Fahrradfahrer ein passendes Angebot. Pendler können abschließbare Boxen mieten, die direkt hinter der Parkhauseinfahrt stehen und in denen sich Drahtesel jeden Tag sicher verstauen lassen. Der Weg von dort zu den Gleisen ist besonders kurz.

Kampf gegen Chloride
Bauarbeiten an einem so neuralgischen Verkehrsknotenpunkt wie einem Hauptbahnhof stören den Reisebetrieb immer erheblich. Damit für die kommenden Jahre möglichst lange „Ruhe herrscht“, mussten die Decks zuverlässig vor Chloriden geschützt werden, jenen Substanzen, die für die meisten Bauschäden an Parkhäusern verantwortlich sind. Sie entstehen im Winter, wenn Fahrzeuge die Nässe der Straße und das im Wasser gelös­te Streusalz in die Garagen tragen. Über feine Haarrisse können sie in die Betonböden eindringen und bei der dort verbauten Stahlbewehrung die sogenannte „Lochfraßkorro­sion“ auslösen.

Damit Chloride nicht in den Beton gelangen, muss dieser mit einem Oberflächenschutzsystem versehen werden – bei den beiden Parkdecks unter dem Busbahnhof ging es dabei immerhin um je rund 5.000 Quadratmeter Fläche.

Durchgeführt wurden diese Arbeiten von der Storax Boden GmbH, einem Unternehmen, das sich auf Bodenbeschichtungen spezialisiert hat. Gründer und Geschäftsführer Dipl.-Ing. Dirk Möllmann beschäftigt sich seit 20 Jahren mit Tiefgaragen und Parkhäusern – schon seine Diplomarbeit als Bauingenieur hatte Beschichtungssysteme zum Thema. In seiner Berufspraxis setzt er häufig auf entsprechende Produkte von Remmers: „Wir haben durchweg gute Erfahrungen damit gemacht. Die von uns auf den Baustellen verwendeten Beschichtungen zeichnen sich durch ihre Langlebigkeit aus“, betont Möllmann.
Im Bahnhofsparkhaus hat sein Unternehmen mit zwei Systemen von Remmers gearbeitet. Auf der oberen Parkebene kam Remmers Deck „OS 11“ zum Einsatz. Es erfordert eine Schichtdicke von mind. 4,5 Millimetern, um eine dynamische Rissüberbrückung gewährleisten zu können. Wichtige Bestandteile sind Polyurethan und Quarzsand. Weil die Rampen stärkeren mechanischen Belastungen ausgesetzt sind als die übrigen Flächen, wurden sie mit dem Remmers Deck „OS 8“ behandelt. Auf Epoxidharzbasis bildet es eine starrere Beschichtung, für die eine Dik­ke von 2,5 Millimetern ausreicht. Auch die unterste – also die erdberührende – Bodenplatte wurde mit diesem System behandelt, weil es besser mit der dort vorhandenen Feuchtigkeitsbelastung zurechtkommt. Da diese Platte in statischer Hinsicht geringeren Bauteilbewegungen ausgesetzt ist, konnte hier auf die dynamische Rissüber­brückung verzichtet werden.
Die Flächen erhielten einen hellgrauen Farbton. Auf ihm zeichnen sich in dunkelgrauer Farbe nicht nur die Fahrtrichtungspfeile für Autofahrer ab, sondern auch die Parkplatzmarkierungen. Statt mit den früher üblichen Trennlinien sind die Stellplätze mit dunkelgrauen Feldern gekennzeichnet. Für Fußgänger kommt dann noch eine bunte Farbe ins Spiel: Kleine gelbe Pfeile bilden eine Spur, die den Weg zum Ausgang weist.

Umgedrehte Vorzeichen
Das multifunktionale Gebäude mit Bussteigen, Geschäften und Parkdecks ist ein zentraler Baustein bei der Umgestaltung des Bahnhofsumfelds. In sehr kompakter Form bündelt es die unterschiedlichen Nutzungen und schafft damit erst den nötigen Raum für den neuen attraktiven Vorplatz. Dessen Aufenthaltsqualität war nur möglich durch die Entflechtung der Verkehrsströme und durch ein Verteilen auf unterschiedliche Ebenen, also durch die Trennung von Pkw, ÖPNV und Fußgängern. Eigentlich genau wie zu Zeiten der autogerechten Stadt, aber eben mit umgedrehten Vorzeichen: Heute steht der Fußgänger im Mittelpunkt.

von Redaktion

Erschienen in Ausgabe: Februar 2018 | Seite 31

Zurück