von Gastautor

Kalksandsteinindustrie nimmt Kurs auf Klimaneutralität

Gastbeitrag von Roland Meißner, Geschäftsführer beim Bundesverband Kalksandsteinindustrie e.V.

Mit dem Green Deal und dem Circular Economy Action Plan hat die Europäische Union die Weichen in eine „grüne“ Zukunft gestellt. Die Bauwirtschaft und mit ihr die Kalksandsteinindustrie stehen dabei in einem besonderen Spannungsverhältnis. Einerseits werden bei der Herstellung von Baustoffen CO2-Emissionen verursacht. Andererseits sind die ambitionierten Klimaziele ohne die Bauwirtschaft nicht erreichbar. Die Kalksandsteinindustrie ist sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und arbeitet daher fortlaufend daran, ihren Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten.

 

Die Kalksandsteinindustrie hat die Zeichen der Zeit erkannt: Der schrittweise Umstieg auf regenerative Energien in der Produktion, der verstärkte Einsatz von Recyclingmaterialien sowie die fortlaufende Reduzierung des CO2-Ausstoßes zeigen, dass Klimaschutz für unsere Branche kein Lippenbekenntnis ist. Die neutrale Umwelt-Produktdeklaration (EPD) bescheinigt unseren Produkten bereits heute einen geringen CO2-Fußabdruck. So konnte der CO2-Ausstoßes seit 1990 bereits um 40 Prozent verringert werden. In den nächsten Jahren werden wir unsere Anstrengungen in Bezug auf den Klimaschutz noch weiter erhöhen. Im Herbst 2020 hat die Kalksandsteinindustrie einen Prozess gestartet, der einen detaillierten Fahrplan in die Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 zum Ziel hat. Mit wissenschaftlicher Unterstützung der FutureCamp Climate GmbH aus München hat ein Expertenkreis der Kalksandsteinindustrie den gesamten Lebenszyklus von Kalksandsteinprodukten detailliert analysiert und daraus Szenarien, Maßnahmen und Handlungsempfehlungen zur CO2-Einsparung abgeleitet. Die „Roadmap treibhausgasneutrale Kalksandsteinindustrie 2045“ erscheint Ende 2021.

 

Erreichen der Klimaziele für Kalksandsteinindustrie  ist mit tiefgreifenden Veränderungen verbunden

Die Erreichung der Klimaziele ist für die Kalksandsteinindustrie mit tiefgreifenden Veränderungen verbunden. Zentrale Prozesse in den Werken hängen derzeit noch an fossilen Energieträgern. Der Umstieg auf erneuerbare Energien und grünen Wasserstoff erfordert neue Anlagentechnik und ist mit erheblichen Investitionen verbunden. Diese Belastung muss in Zeiten ohnehin steigenden Kostendrucks zusätzlich getragen werden. Unsere Aufgabe als Bundesverband ist es, alle Unternehmen bei der anstehenden Transformation zu unterstützen. Die Forschungsvereinigung Kalk-Sand e.V., welche für die Grundlagenforschung der gesamten Industrie verantwortlich ist, und der Technische Ausschuss unseres Verbandes stehen allen Mitgliedern dabei jederzeit mit praktischen Informationen und Handlungsempfehlungen zur Seite. Vor allem werden in den nächsten Jahren die in der Kalksandstein-Roadmap aufgezeigten Technologieentwicklungspfade fortlaufend durch praxisnahe Forschungsprojekte begleitet. Die Ergebnisse stehen dann allen Kalksandsteinunternehmen zur Umsetzung zur Verfügung.

 

Allerdings liegt die Erreichung der Klimaneutralität der Kalksandsteinindustrie nicht allein in unserer Hand. Ein Großteil des unseren Produkten zugerechneten Treibhausgasausstoßes wird von vorgelagerten Partnern in der Wertschöpfungskette verursacht. Nur rund 20 Prozent der CO2-Emissionen entstehen in unserem eigenen Produktionsprozess und durch unsere eigenen Lieferketten. Der restliche Anteil entsteht bei der Produktion des Bindemittels Kalk, welches für die Herstellung von Kalksandstein essentiell ist. In den letzten Jahren ist es durch Produktionsoptimierungen gelungen, den Kalkanteil kontinuierlich senken. Parallel dazu erforschen wir fortlaufend neue Rezepturen mit CO2-ärmeren Kalken und den Einsatz alternativer Bindemitteln.


Trotz aller bisherigen Anstrengungen bleibt die Transformation, die unsere Branche in den nächsten 24 Jahren zu bewältigen hat, gewaltig. Damit sie gelingt, muss insbesondere die Politik ihren Beitrag leisten. Zentrale Aufgaben sind der Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der Aufbau einer ausreichend großen Wasserstoffinfrastruktur. Damit die Ressourcenwende die Wettbewerbsfähigkeit der Kalksandsteinindustrie nicht grundlegend gefährdet, brauchen unsere Unternehmen passende Förderprogramme, die sie bei den anstehenden, erheblichen Investitionen in die Klimaneutralität unterstützen. Die Erreichung der Klimaziele kann nur ökologisch, ökonomisch und sozial ausgewogen umgesetzt werden. Dazu muss der konstruktive Austausch zwischen der Politik, der gesamten Bau- und Baustoffbranche sowie den Verbrauchern fortlaufend intensiviert werden.

 

Mehr bezahlbarer Wohnraum wird gebraucht - Kalksandstein ist Marktführer im Wohnungsbau

Auch wenn die Erreichung der Klimaziele die wichtigste und größte Zukunftsherausforderung ist, dürfen andere wichtige Aufgaben, wie die dringend notwendige Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, nicht vernachlässigt werden. Trotz aller Anstrengungen in den letzten Jahren fehlen nach Berechnungen des Deutschen Mieterbundes e.V. bundesweit aktuell rund 630.000 bezahlbare Wohnungen. Die politischen Regularien sind oft praxisfern und bremsen die Bauwirtschaft in ihren Möglichkeiten aus, mehr preisgünstigen Wohnraum zu schaffen. Um diese Herkulesaufgabe zu bewältigen, müssen Politik und Industrie noch viel enger zusammenarbeiten. Mit einem Anteil von 38 Prozent ist Kalksandstein Marktführer im mehrgeschossigen Wohnungsbau. In innovativen Ansätzen wie dem modularen, seriellen oder zukünftig auch robotergestützten Bauen sehen wir eine Chance, die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage perspektivisch zu schließen.

Ob Klimaneutralität, Kreislaufwirtschaft oder bezahlbarer Wohnraum – als Kalksandsteinindustrie stehen wir bereit, alle anstehenden Herausforderungen jetzt anzupacken!

 

Bild: : Roland Meißner ist seit 2013 Geschäftsführer beim Bundesverband Kalksandsteinindustrie e.V. (Foto: 

Bundesverband Kalksandsteinindustrie e.V.)

von Gastautor

Erschienen in Ausgabe: online

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