Unternehmen -
Internationalisierung als Unternehmenskonzept
Mehr als 2.500 Gäste bei den Wirtgen Mineral Technology Days
DBU/Mülheim an der Mosel – Seit rund einem Jahr gehört Benninghoven, Hersteller von Asphaltmischanlagen, zur Wirtgen Gruppe. Am Benninghoven-Stammwerk im Moselstädtchen Mülheim richtete die Wirtgen Gruppe ihr internationales Branchentreffen Technology Days 2015 aus. In diesem Jahr stand der Geschäftsbereich „Mineral Technologies“ im Fokus der Veranstaltung, für die mehr als 2.500 Gäste aus über 70 Ländern anreisten.
Nur Wiesen, Felder und ein paar Reihen der weltberühmten Moselreben liegen zwischen dem Benninghoven-Stammwerk und der Mosel. Beiderseits steigt das Tal steil an – gereihte Weinstöcke soweit das Auge reicht. Vor dieser Landschaft entfalten die turmhohen Asphaltmischanlagen von Benninghoven einen reizvollen Kontrast – die passende Kulisse für einen Event der Superlative.
Zwei Werke betreibt der Asphaltmischanlagen-Spezialist – eins in Mülheim, das zweite, 15 Kilometer entfernt, in Wittlich. Die mehr als 2.500 internationalen Besucher konnten beide Werke an den zweitägigen Mineral Technology Days besichtigen. Im Wittlicher Werk ist vorrangig der Stahlbau angesiedelt, am Stammwerk in Mülheim sind Montage, Entwicklung und Verwaltung untergebracht.
Jürgen und Stefan Wirtgen, Söhne des Firmengründers und geschäftsführende Gesellschafter der Wirtgen Gruppe, planen einen Totalumbau der Benninghoven- Werke. „Wir werden ein komplett neues Werk für Benninghoven an einem neuen Standort errichten“, sagte Jürgen Wirtgen anlässlich der Mineral Technology Days vor Journalisten. Die Topografie im Moseltal sei schwierig und lasse lediglich einen kompletten Neubau zu. Der Neubau solle einen „optimalen Materialfluss und eine optimale Logistik ermöglichen.“ Zudem soll am neuen Benninghoven-Standort ein Center of Training and Technology CTT entstehen. Als Vorbild nannte Jürgen Wirtgen das bestehende CTT des Straßenfertigerherstellers Joseph Vögele im pfälzischen Ludwighafen. Vögele ist seit 1996 Teil der Wirtgen Gruppe. Auch hier erfolgte nach der Eingliederung ein kompletter Werksneubau auf der „grünen Wiese“.
1909 gegründet beschäftigt Benninghoven heute rund 600 Mitarbeiter. „1986 fertigte das Unternehmen seine erste Asphalt-mischgroßanlage“, so Jürgen Wirtgen. Die Produktplatte von Benninghoven gliedert sich in vier Anlageklassen – Containeranlagen, transportable Anlagen, radmobile Anlagen und stationäre Anlagen.
Laut Jürgen Wirtgen erwirtschaftete Benninghoven im Jahr 2014 einen Umsatz von 107 Mio. Euro. Für das laufende Geschäftsjahr werde ein Mindestumsatz von 120 Mio. Euro erwartet, so Jürgen Wirtgen.
„In Europa ist Benninghoven sehr stark positioniert, sagte Jürgen Wirtgen weiter. Der Konzernlenker sprach von einem europäischen Marktanteil von 36 Prozent. „Benninghoven ist in Europa Marktführer.“ Die sehr starke Fokussierung auf Europa wollen die Wirtgen-Chefs reduzieren. „Unser Konzept ist es Benninghoven weiter zu internationalisieren“, so Jürgen Wirtgen.
Kleemann-Werk wird erweitert
Ebenfalls zum Geschäftsbereich „Mineral Technologies“ der Wirtgen Gruppe zählt der Brecherspezialist Kleemann. Das Unternehmen aus dem baden-württembergischen Göppingen gehört seit 2007 zum Wirtgen-Konzern. Zum Zeitpunkt der Übernahme erwirtschaftete Kleemann einen Jahresumsatz von 35 Mio. Euro, so Stefan Wirtgen. Im Geschäftsjahr 2014 summierten sich die Umsätze auf 180 Mio. Euro. Für das laufende Geschäftsjahr werde ein Umsatz von 221 Mio. Euro erwartet, was einem Umsatzplus von 22 Prozent entspreche, so Stefan Wirtgen.
Aufgrund des starken Wachstums arbeitet das Kleemann-Werk aktuell an seiner Kapazitätsgrenze. Dabei wurde das Werk im Jahr 2007, direkt nach der Eingliederung des Unternehmens in die Wirtgen Gruppe, komplett neu errichtet. „Das Werk ist schon wieder zu klein“, so Stefan Wirtgen. „Wir werden 40 Mio. Euro in den Ausbau des Standortes investieren.“ Unter anderem soll die Montagehalle verlängert, das Lager vergrößert und 130 neue PKW-Stellplätze geschaffen werden.
Preisverfall bei Rohstoffen drückt Geschäft mit Surface Minern
Der dritte Standbein der Wirtgen Gruppe im Bereich „Mineral Technologies“ ist die Wirtgen GmbH – das Unternehmen ist die Keimzelle des heutigen Konzern und ansässig in Windhagen, südlich von Bonn. Das Unternehmen fertigt unter anderem Surface Miner zum Abbau von Kohle, Salz, Phosphat und Eisenerz. „Auch wir sind betroffen vom Preisrückgang im Mining Bereich“, sagte Jürgen Wirtgen. Entsprechend rechnet das Unternehmen für dieses Jahr mit einem Umsatzrückgang in diesem Bereich.
Weltumspannender Konzern hält Wachstumskurs bei
Die Wirtgen Gruppe, bestehend aus den fünf Unternehmen Wirtgen GmbH, Hamm AG, Joseph Vögele AG, Kleemann GmbH und Benninghoven GmbH & Co. KG, bleibt aber trotz schwacher Rohstoffmärk-te auf Wachstumskurs. Wie Stefan Wirtgen mitteilte, rechnet die Konzernführung für dieses Jahr mit einem Gesamtumsatz von 2,2 Mrd. Euro – nach 2 Mrd. Euro im Vorjahr. Bis zum Jahresende werde die Zahl der Konzernbeschäftigten auf rund 6.700 Mitarbeiter anwachsen, so Stefan Wirtgen. Aktuell bilde der Konzern 300 Auszubildende aus.
Der durchschlagende Konzernerfolg sei den fünf starken deutschen Marken zu verdanken, über die der Konzern verfüge. Jedes Mitglied der Wirtgen-Unternehmensgruppe sei hochgradig spezialisiert und innovativ, so Stefan Wirtgen.
Neben den fünf Stammwerken in Deutschland betreibt der Konzern noch drei Werke außerhalb Europas - jeweils eins in China, in Indien und in Brasilien. Doch 85 Prozent des Verkaufsvolumens werde in Deutschland produziert, sagte Jürgen Wirtgen und betonte doch zugleich die wachsende Bedeutung der Auslandswerke.
Hierzu passt, dass der Wirtgen-Konzern sein chinesisches Werk gerade komplett neu gebaut hat. 45 Mio. Euro wurden vor Ort investiert. „Das China-Werk orientiert sich an deutschen Standards“, so Jürgen Wirtgen. „In Sachen Qualität und Leistungsfähigkeit ist es gleichwertigen mit unseren Werken in Deutschland.“
Auch die Entwicklung des Indien-Geschäfts liest sich wie eine Erfolgsgeschichte. Vor gerade einmal vier Jahren hat Wirtgen in seinem indischen Werk mit der Produktion von Walzen begonnen. „Wir haben quasi bei null angefangen“, so Jürgen Wirtgen. In diesem Jahr rechnen die Wirtgen-Chefs damit, 600 Walzen aus dem Werk in Indien zu verkaufen. „Das würde einem Marktanteil in Indien von 25 Prozent entsprechen.“
Die deutschen Werke indes produzieren vorrangig nicht für den heimischen, deutschen Markt. 90 Prozent der Produktion würden ins Ausland geliefert werden, erklärte Jürgen Wirtgen. „Und wir sind dabei, die Internationalisierung weiter zu forcieren.“
Weltmarktführer im Bereich Road Technologies
Noch viel stärker als im Geschäftsbereich „Mineral Technologies“ tritt die Wirtgen Gruppe weltweit im Bereich „Road Technologies“ auf. „Hier sind wir absoluter Weltmarktführer“, so Stefan Wirtgen. Vertreten ist der Konzern in diesem Geschäftsbereich mit den Marken Wirtgen, Vögele und Hamm. Und tatsächlich kann die Unternehmensgruppe mit eindrucksvollen Zahlen aufwarten: Im Bereich Straßenfräsen kommt das weltumspannende Familienunternehmen auf einen globalen Marktanteil von 72 Prozent. Doch selbst dieser überwältigende Marktanteil ist für die Konzernlenker vorallem eins – weiterer Ansporn. „Diese Position wollen wir noch um ein paar Prozentpunkte ausbauen“, sagte Stefan Wirtgen.
Bei Recyclern und Stabilisierern kommt Wirtgen auf einen weltweiten Marktanteil von 60 Prozent, bei Gleitschalungsfertigern, die das Unternehmen erst seit vier Jahren anbietet, liegt der Marktanteil bei 43 Prozent.
Mit den Straßenfertigern aus dem Hause Joseph Vögele erreicht die Wirtgen Unternehmensgruppe einen weltweiten Marktanteil von 35 Prozent - europaweit liegt der Anteil laut Unternehmensangaben bei 70 Prozent. Die Walzen von Hamm decken 16 Prozent der globalen Nachfrage.
Eine solch starke Wettbewerbsposition im Bereich Straßenbau wäre ohne moderne Produktion undenkbar. Die drei Stammwerke der Marken seien fast komplett neu und perfekt maschinell ausgestattet, so Stefan Wirtgen. Für die Wirtgen-Konzernspitze sind die Werke in Windhagen (Wirtgen), Ludwigshafen (Vögele) und Tirschenreuth „die Benchmark der Branche“.
Erschienen in Ausgabe: Oktober 2015 | Seite 5