Baupolitik -

Hochtief tritt für ÖPP ein

Riesiger Sanierungs- und Neubaubedarf in Straßen- und Verkehrsinfrastruktur

DBU/Berlin – Die knapp 1.000 Meter lange Autobahnbrücke der A45 bei Hagen, die Lenne­talbrücke, wird durch einen Neubau ersetzt. Vor zwei Jahren haben die Bauarbeiten begonnen. Rund 105 Mio. Euro investiert der Bund in den Bau. Das Besondere: die Fahrbahn einer Fahrtrichtung wird auf provisorischen Pfeilern errichtet und später quer verschoben. In dieser Größenordnung ist dieses Vorgehen einzigartig in Deutschland. Generalunternehmer ist Hochtief Infrastructure.

Die neue Brücke ist Teil des geplanten sechsstreifigen Ausbaus der Autobahn A45 zwischen Westhofen und Hagen. Das stetig steigende Verkehrsaufkommen macht den Neubau nötig. Die bestehende, 50 Jahre alte Brücke, sei den Verkehrsbelastungen nicht mehr gewachsen, heißt es aus dem Bundesverkehrsministerium.
Die Lennetalbrücke ist nicht die einzige Brücke in Deutschland, die einer dringenden Sanierung bedarf. Nikolaus Graf von Matuschka, Vorstandsmitglied bei Hochtief, spricht davon, dass die Bundes-Brücken die Sorgenkinder der Infrastrukturlandschaft in Deutschland seien. Laut Graf von Matuschka wären in Deutschland jährlich 1,4 Mrd. Euro für den Neubau und die Sanierung von Brücken notwendig. Tatsächlich aber stellt der Bund derzeit nur etwa 980 Mio. Euro für seine Brükken bereit. Wie Hochtief-Vorstand Graf von Matuschka betonte, sind von den 39.000 Bundes-Brücken in Deutschland 6.000 sanierungsbedürftig. Bekanntes Beispiel ist die Schiersteiner Autobahnbrücke, die Mainz und Wiesbaden verbindet. Diese musste in diesem Jahr komplett gesperrt werden, nachdem sich die Fahrbahn abgesenkt hatte.
Noch schlechter ist es um die kommunalen Brücken in Deutschland gestellt. Hier sei jede zweite der rund 67.000 Brücken marode. Laut Hochtief-Vorstand Graf von Matuschka sind 15 Prozent der Brücken nicht mehr sanierungsfähig. Hier könne nur „Abriss und Neubau“ Abhilfe schaffen.
Doch alleine mit den Brücken sei es nicht getan. Insgesamt sei das Straßennetz in Deutschland überlastet. Wie der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie vorrechnete, verursachen Staus in Deutschland jährlich einen wirtschaftlichen Schaden von 100 Mrd. Euro. Nach Angaben des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) fehlen alleine im laufenden Jahr 31 Mrd. Euro, um den Investitionsbedarf bei der kommunalen Straßen- und Verkehrsinfrastruktur zu decken. „Der Investitionsstau ist eklatant“, so Graf von Matuschka.
Um diesen Investitionsstau aufzulösen, setzt Hochtief auf die Finanzierungsmethode Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP). Der Bundesrechnungshof hatte ÖPP-Modelle zwar scharf kritisiert, aber Graf von Matuschka entgegnet, dass der Rechnungshof noch nie das Gespräch mit der Bauindustrie gesucht habe. Der Hochtief-Vorstand spricht sich klar für ÖPP aus. Durch dieses Modell könnten Milliardensummen, die derzeit in den Kassen von Pensionsfonds und Lebensversicherern lägen, zur Finanzierung der Infrastruktur herangezogen werden. Die Finanzinstitute suchen derzeit händeringend nach Investitionsmöglichkeiten. Grund für den Investitionsnotstand der Finanzkonzerne seien die anhaltend niedrigen Kapitalmarktzinsen.
Graf von Matuschka verwies auf gute Erfahrungen, die man in Deutschland mit ÖPP-Projekten gesammelt habe. Er nannte elf bereits realisierte Projekte, darunter der sechsstreifige Ausbau der A3 zwischen Biebelried und Fürth sowie der sechsstreifige Ausbau der A6 zwischen Weinsberg und Feuchtwangen.

Das Bauvorhaben Lennetalbrücke ist kein ÖPP-Projekt. Der Bau wird klassisch durch den Bund finanziert. Bis Ende 2018 sollen die Arbeiten an der Brücke abgeschlossen sein, sagte Hochtief-Projektleiter Dipl.-Ing. Jan Felgendreher. Der aufwändige Querverschub der Fahrbahn werde dafür sorgen, dass der Verkehr bis zur Fertigstellung „praktisch ohne Unterbrechung“ aufrechterhalten werden könne. Anders als die bisherige Brücke, die nach 50 Jahren vor ihrem Abriss steht, erwartet Felgendreher, dass die neue Brücke mehr als 100 Jahre stehen werde.

Erschienen in Ausgabe: Oktober 2015 | Seite 3

Zurück