Baupolitik -

Hauptverband fordert statt Steuersenkungen mehr Investitionen

Staat mit Milliardenüberschuss im ersten Halbjahr / Parteien diskutieren Steuerentlastungen

DBU/Berlin – Angesichts voller Staatskassen werden die Rufe nach Steuersenkungen immer lauter, doch der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) hat ganz andere Pläne. „Statt über Steuersenkungen zu reden (...), muss der Haushaltsüberschuss jetzt für Investitionen genutzt werden“, sagte HDB-Hauptgeschäftsführer Michael Knipper Ende August. Kurz zuvor hatte das Statistische Bundesamt mitgeteilt, dass Bund, Länder und Gemeinden im ersten Halbjahr 2016 einen Finanzüberschuss von 18,5 Mrd. Euro erzielt haben.

Mit seiner Forderung nach Investitionsaufstockungen stellt sich der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie gegen die aktuell vorherrschende politische Grundstimmung in der Regierungskoalition aus Union und SPD. Die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung innerhalb der Unionsparteien hat den Forderungsreigen um Steuersenkungen eröffnet. Die Spitze der SPD hat unter der Einschränkung, dass es keine pauschalen Steuersenkungen geben dürfe, zugestimmt. Und schließlich hat selbst der als Haushaltshardliner bekannte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) öffentlich eingeräumt, dass die aktuelle Finanzlage des deutschen Staates einen Spielraum für Steuersenkungen erlaube. Zuletzt hatte sich auch Unionsfraktionschef Volker Kauder für Steuersenkungen ausgesprochen und gefordert, die Steuerlast der Bürger nach der Bundestagswahl im Herbst 2017 um 15 Mrd. Euro zu senken.
HDB-Hauptgeschäftsführer Knipper argumentiert, dass nur mit Hilfe von öffentlichen Investitionen die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands verbessert werden könne. Zudem würden die Investitionen des Staates weitere Investitionen aus dem Privatsektor anstoßen. „Vordringlich sind aus meiner Sicht Investitionen in die Bildung, den Wohnungsbau und die kommunale Infrastruktur“, so Knipper.

Kommunaler Investitionsstau
Der HDB-Hauptgeschäftsführer stützt seine Investitionsforderungen auf aktuelle Studienzahlen der staatseigenen KfW-Bank. Demnach hat sich bei den Kommunen ein Investitionsrückstand von 136 Mrd. Euro aufgestaut. Der größte Teil hiervon entfällt mit 36 Mrd. Euro auf den Straßen- und Verkehrsbereich, es folgt der schulische Bereich, wo sich der kommunale Investitionsstau mittlerweile auf 34 Mrd. Euro summiert.
Unterstützung finden die Forderungen des Hauptverbandes bei den Grünen. Parteichefin Simone Peter verwies in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung darauf, dass Deutschland einen gigantischen Schuldenberg und einen riesigen Investitionsstau zu bewältigen habe. Peter äußerte Zweifel an der Finanzkompetenz der Unions­parteien. Stattdessen will Grünenchefin Peter Investitionen in Umwelt, Bildung und Infrastruktur aufstocken.
FDP-Parteichef Christian Linder macht sich ebenfalls für Steuersenkungen stark. „Ein Entlastungsspielraum von 20 bis 30 Mrd. Euro pro Jahr bis zum Ende des Jahrzehnts wäre möglich, ohne dass man auf höhere Investitionen verzichten müsste“, sagte der FDP-Frontmann der Berliner Morgenpost. Damit übertrifft Lindner die anderen Entlastungsforderungen deutlich. Ihm schwebt eine jährliche Entlastungssumme vor, die selbst die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Union nur für den gesamten Zeitraum bis 2020 fordert.

Erschienen in Ausgabe: September 2016 | Seite 1

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