von Jasch Zacharias

Gebäude-TÜV vom Tisch, Trittschallpegel auf Balkon bleibt
Baubranche leidet an Übermaß überflüssiger Normen – Sogar für den DIN-Vorstand sind es zu viele
DBU/Berlin – Deutschlands Bauwirtschaft leidet besonders unter einem Überfluss an bürokratischen Vorschriften und Normen, die Bauen teurer machen als es ohnehin schon durch Inflation sowie steigende Material- und Lohnkosten der Fall ist. Nun ist erst einmal eine neue Norm vom Tisch, die aus Sicht von Verbänden, Bauherren und Mietern das Fass zum Überlaufen gebracht hätte: der Gebäude-TÜV.
Entwurf der DIN-Norm 94681 „Verkehrssicherheitsüberprüfung für Wohngebäude“ zurückgezogen
Wie „Bild“ berichtet, hat der zuständige Arbeitsausschuss einen 40-seitigen Entwurf der DIN-Norm 94681 „Verkehrssicherheitsüberprüfung für Wohngebäude“ erst einmal zurückgezogen. Etwa 250 Kontrolldetails wären dadurch regelmäßig nötig geworden. Sowohl der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) wie auch „Haus und Grund“ hatten bereits erhebliche Mehrkosten befürchtet. Auch schon bereits abgeschreckte potenzielle Investoren und Bauherren von Neubauten lockt das ebenfalls nicht an. Für die gibt es nach Angaben der Bauverbände schon genügend bürokratische Hemmnisse, die dringend benötigten Neubau erschwert und verteuert, wie zum Beispiel ein Trittschallpegel für den Balkon, eine von insgesamt etwa 3700 Baunormen.
Selbst für Daniel Schmidt, Vorstandsmitglied des Deutschen Instituts für Normung (DIN) in Berlin sind das zu vielen Vorschriften: „Es braucht eine gesellschaftliche Diskussion, welche Anforderungen wir an Wohnraum stellen und wo wir bereit sind, Verzicht zu üben“, ließ er sich jetzt von „Bild“-Journalisten zitieren.
Auch Schmidt sieht ein: Um Bauen wieder erschwinglicher zu machen, müssen viele Baustandards runter. Dass es durchaus sinnvolle Sicherheitsvorschriften und Mindeststandards zum Bauen gibt, bezweifeln dabei Bauunternehmer und ihre Interessenvertreter nicht. Dennoch toben sich in ihrer Branche Behördenbürokraten eben besonders gern aus, kritisieren sie.
In USA gibt es noch mehr Normen als in Deutschland
Doch wer jetzt denkt, überflüssige Normen gebe es nur auf Baustellen, täuscht sich. In Europa macht zum Beispiel Herstellern von Zahnbürsten die Norm DIN EN ISO 20126 „Büschelauszugsprüfung“ äußerst schwer zu schaffen. Grillmeister haben es mit der DIN EN 1860-1 zu tun – sie regelt den Abstand von Stäben im Grillrost, damit Bratwürste nicht durchrutschen. Kaum zu glauben auch: Laut „Tagesschau“ gibt es in den USA, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, noch viel mehr Standards und Normen als in Deutschland. Das kann Bauunternehmer hierzulande jedoch kaum trösten.
Foto: Zum Gebäude-TÜV würde beispielsweise die jährliche Überprüfung der Schornsteinsicherheit gehören. (Foto: Pixabay)
von Jasch Zacharias
Erschienen in Ausgabe: Juni 2025 | Seite 01