Interview -
Familienunternehmen und Global-Player
Interview mit Björn Ischebeck, Geschäftsführer der Friedr. Ischebeck GmbH
DBU/Berlin – Das Familienunternehmen Friedr. Ischebeck GmbH verbindet Tradition mit modernster Technik. Der Betrieb aus dem nordrhein-westfälischen Ennepetal zählt zu den führenden Herstellern der Schalungs-, Verbau- und Geotechnik. Mit 18 eigenen Vertriebsgesellschaften rund um den Globus ist Friedr. Ischebeck ein wahrer Global-Player. Der BauUnternehmer sprach mit Björn Ischebeck, der gemeinsam mit seinem Bruder Dr. Lars Ischebeck das Unternehmen in 5. Generation führt.
Der BauUnternehmer (DBU): Herr Ischebeck, Sie führen ein traditionsreiches Unternehmen, das zu den profiliertesten Bauzulieferern zählt. Wie weit reicht die Tradition Ihres Unternehmens zurück?
Björn Ischebeck: Gegründet wurde unser Unternehmen, die Friedr. Ischebeck GmbH, im Jahr 1881. Produkte für die Baubranche fertigen wir aber erst seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Wegen des Wiederaufbaus in der Nachkriegszeit bestand damals eine enorme Nachfrage in diesem Bereich. Unsere ersten Produkte für das Bauwesen waren Stahlstützen und Kanalstreben für den Grabenverbau. Kurze Zeit später folgten Gewindefußplatten für Standardgerüste.
Die zentrale Kompetenz für die Herstellung dieser Produkte war und ist das präzise Herstellen von Gewinden. Die Friedr. Ischebeck GmbH hatte bereits in der Nachkriegszeit auf Grund ihrer vorangegangenen langjährigen Schraubstockproduktion einen reichen Erfahrungsschatz auf diesem Gebiet. Doch nicht nur das. Damals wie heute ist unser Unternehmen auch Innovationstreiber. So war Ischebeck eins der ersten Unternehmen, das ein Gewinde auf ein Rohr gefertigt hat.
DBU: Welches waren die nächsten Schritte in der Produktentwicklung?
Björn Ischebeck: Um nicht nur Teilelieferant zu sein, hat Ischebeck schon früh angefangen, Komplettlösungen zu entwickeln - wofür wir auch heute noch bekannt sind: Unterstützungssysteme, Trägergerüste und Verbausysteme.
Dabei setzte unser Unternehmen zunächst traditionell auf den Baustoff Stahl. Bis zu Beginn der 1980er Jahre, als mein Vater auf der Münchner Baufachmesse bauma die erste aus Aluminium gefertigte Spindelstütze präsentierte und zunächst von der Fachwelt belächelt wurde. Heute hat sich die Alu-Stütze durchgesetzt.
Schnell entwickelte Friedrich Ischebeck ganze Schalungsgerüste und Traggerüstsysteme aus Aluminium und schließlich auch noch Trägersysteme und Deckenschalung.
Heute ist Aluminium unser wichtigster Werkstoff.
DBU: Stellen Sie doch bitte unseren Lesern Ihr neustes Produkt aus Aluminium vor?
Björn Ischebeck: Unser neustes Produkt im Verbaubereich ist unser Stirnverbau. Dieser ist eine Ergänzung unseres Verbausystems aus Aluminium. Mit dem neuen Produkt können unsere Kunden nun auch die Grabenstirnseite systemkompatibel verbauen. Das heißt, der Stirnverbau passt sich an die Breiten der Kanalstreben an und schließt somit im System die Grabenstirnseite.
Ein Stirnseitenverbau ist gesetzlich vorgeschrieben. Aber in der Praxis erfolgt der Verbau der Grabenstirnseite zumeist mit Holzdielen, die sich gegen die Kanalstreben abstützen. Gelegentlich wird auch eine Stahlplatte eingesetzt. Wenn es von den Maßen her passt, wird auch mit einem Schachtverbau gearbeitet.
Auf der bauma 2016 haben wir den neuen Alu-Stirnverbau vorgestellt. Seither haben schon mehrere Kunden das Produkt eingesetzt. Die Rückmeldungen, die wir von den Baubetrieben erhalten haben, sind durchweg sehr positiv.
Wir haben uns in den letzten Jahren vom Stahlverbau hin zum Aluminiumverbau entwickelt. Bis drei Meter Tiefe ist der Alu-Verbau gut einsetzbar und deckt damit gut 90 Prozent aller Gräben ab.
DBU: Warum sollte ein Unternehmen ihren neuen Alu-Stirnverbau einsetzen, wenn einfache Holzdielen den Zweck auch erfüllen können?
Björn Ischebeck: Hauptgrund ist, dass die Stabilität statisch belegt und nachgewiesen ist.
Da der Stirnseitenverbau gesetzlich vorgeschrieben ist, muss der Baubetrieb also zwingend eine Lösung finden.
Mit unserem systemkompatiblen Stirnverbau hat er die Sicherheit, dass die Abstützungsmaßnahme hält und somit seine Mitarbeiter tatsächlich geschützt sind, falls es zu einem Zusammenbruch im Graben kommt.
Alle anderen Lösungen scheinen Schutz zu bieten, sehen häufig auch stabil aus. Aber es bleibt immer ein gewisses Risiko, das mit unserem Stirnverbau ausgeschlossen wird.
Ein weiterer Vorteil unseres Stirnverbaus ist, dass das Gesamtsystem modular aufgebaut ist, lässt sich also stets erweitern und wieder einsetzen. Das schafft Flexibilität. Die Investition muss nur einmal getätigt werden und der Verbau kann für alle Gräben genutzt werden.
DBU: Ihr Unternehmen ist aber nicht nur in den Bereichen Schalung und Verbau aktiv.
Björn Ischebeck: Stimmt. Der jüngste Geschäftsbereich der Friedr. Ischebeck GmbH ist die Geotechnik.
Auch dieser Geschäftsbereich fußt im Grunde auf unserer Kernkompetenz: Der Herstellung hochwertiger Gewinde. Doch im Bereich Geotechnik wird das Rohr mit Gewinde als Bohrgestänge genutzt, um Lasten in den Boden zu übertragen.
DBU: Können Sie das unseren Lesern genauer erklären?
Björn Ischebeck: Im Bereich Geotechnik wird ein Gestänge genutzt, also ein Rohr mit Gewinde, das sich aus drei Meter langen Abschnitten zusammenkoppeln lässt. Es sind also Längen von 12, 15, 30 Meter und so weiter möglich. Am unteren Ende des Gestänges befindet sich eine Bohrkrone. Dadurch lässt sich das Gestänge zum Bohren nutzen. Während des Bohrvorgangs wird eine dünnflüssige Zementsuspension durch die Bohrkrone gepresst. Der Zement stabilisiert die Bohrlochwand, eine Verrohrung des Bohrlochs ist nicht nötig.
DBU: Was passiert wenn die gewünschte Bohrtiefe erreicht ist?
Björn Ischebeck: Ist die Bohrung auf Soll-Tiefe angekommen, wird eine wesentlich dickere Zementspülung durch Gestänge und Bohrkrone in den Boden gepumpt. Der Zement füllt vom tiefsten Punkt aus das ganze Bohrloch.
Im Endeffekt entsteht so eine bewehrte Stahlbetonkonstruktion, die aus dem Gestänge und dem eingepumpten Zement besteht. Denn sowohl das Gestänge und als auch Bohrkrone sind „verlorene Teile“, bleiben also dauerhaft im Boden - sprich mindestens 100 Jahre lang. Denn für diese lange Lebensdauer sind unsere Geotechnik-Lösungen ausgelegt.
Der entstandene Festkörper kann über seine Mantelreibung Zug- und Drucklasten in den Boden übertragen. Das ermöglicht verschiedene Anwendungen: Mikropfähle, um etwas festzuhalten oder zu gründen; Nachgründung eines Hauses, weil es sich ungleichmäßig setzt; Mastgründung, etwa für Hochspannungsmasten, wo sonst große Schwergewichtsfundamente nötig wären; Bodennägel zur Befestigung und Stabilisierung von Böschungen; oder Ankerpfähle, wie sie zum Beispiel bei Spundwänden und Stützmauern eingesetzt werden, um den Druck des Erdreiches aufzufangen.
Diese Anwendungen und noch weitere Anwendungen können mit unserer Geotechnik bewältigt werden. Dabei liefern wir für jede Anwendung standard- und normgerechte Produktausführungen.
Je nach abzutragender Last bietet die Friedr. Ischebeck GmbH unterschiedlich kleine oder dicke Rohre. Das kleinste ist gerademal 3 Zentimeter im Außendurchmesser, das größte hat einen Außendurchmesser von 127 Millimeter.
Schon mit diesen kleinen Gestängen mit einem gesamten Durchmesser bis zu 300 Millimeter, so genannte Mikropfähle, können Kräfte zwischen 150 Kilonewton bis 3.000 Kilonewton abgetragen werden.
DBU: Fertigt die Firma Ischebeck auch die Bohrkronen oder werden diese zugekauft?
Björn Ischebeck: Auch diese fertigen wir selbst, hier an unserem Firmensitz in Ennepetal. Wir gießen die Bohrkrone in unserer Gießerei.
DBU: Sie betreiben eine eigene Gießerei?
Björn Ischebeck: Die Gießerei gehört zu den traditionsreichsten Abteilungen unseres Unternehmens. Sie wurde bereits in den Jahren 1911/1912 eingerichtet und ist, natürlich inklusive einer ganzen Reihe von Modernisierungen, bis heute in Betrieb. Allerdings fertigen wir ungefähr 60 Prozent unserer Gießereiprodukte im Auftrag anderer Unternehmen. Nur rund 40 Prozent fließen in unsere eigenen Produkte für den Bau.
DBU: Für den Bau relevant sind ihre Geschäftsbereiche Schalung, Verbau und Geotechnik. Welcher dieser Bereiche ist für Ihr Unternehmen am wichtigsten?
Björn Ischebeck: In den Bereichen Schalungssysteme und Geotechnik erzielen wir ungefähr gleich hohe Umsätze. Der Bereich Verbau ist hingegen deutlich kleiner.
DBU: Wie groß ist Ihr Außendienstteam?
Björn Ischebeck: In Deutschland beschäftigen wir zehn Außendienstmitarbeiter, von denen die meisten ausgebildete Ingenieure sind. Doch weil unsere Produkte so unterschiedlich eingesetzt werden, sind unsere Außendienstmitarbeiter jeweils auf bestimmte Produkte spezialisiert.
Zudem haben wir eine Exportabteilung, ansässig hier, an unserem Hauptstandort in Ennepetal, die in einigen ausländischen Märkten direkt auftritt.
Darüber hinaus haben wir 18 eigene ausländische Vertriebsgesellschaften, die sich lokal vor Ort um die jeweiligen Märkte kümmern. Einige externe Partner, also unabhängige Firmen mit denen wir aber schon über viele Jahre zusammenarbeiten, komplettieren unser Vertriebsteam.
DBU: Bietet die Friedr. Ischebeck Ihren Kunden auch Schulungsseminare für den Umgang mit Ischebeck-Produkten an?
Björn Ischebeck: Ja, wir nennen diese Schulungen Fachseminare. Die werden überwiegend in den Wintermonaten angeboten, von Januar bis März, wenn im Normalfall am Bau wenig passiert.
Die Seminare bieten unseren Kunden die Möglichkeit, unsere Produkte noch besser kennenzulernen. Außerdem wollen wir mit den Seminaren gewährleisten, dass unsere Produkte und Lösungen zulassungskonform eingebaut werden.
Die Seminare wenden sich an Geräteführer, Bauunternehmer, Bauleiter und Ingenieure. Die Zahl der Teilnehmer ist bei jedem Seminar auf 25 beschränkt und finden hier bei uns, an unserem Firmensitz in Ennepetal statt.
Herr Ischebeck, ich bedanke mich herzlich für das Gespräch.
Das Interview führte DBU-Redakteur Heiko Metzger.
Erschienen in Ausgabe: Februar 2017 | Seite 33