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Elektromobilität – das Thema nimmt Fahrt auf

Tesla und Microvast zieht es in die Nähe von Berlin und die Ankündigungen sorgen für Aufbruchstimmung bei deutschen Autobauern und der Politik

DBU/Berlin – Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Tesla wird seine neue Gigafabrik im brandenburgischen Gründheide vor den Toren von Berlin bauen. Die nächste Ankündigung folgte wenige Tage später durch den US-amerikanischen Zulieferer Microvast. Das Unternehmen folgt Tesla quasi auf dem Fuß und verlegt seinen europäischen Hauptsitz von Frankfurt am Main nach Ludwigsfelde - 50 Kilometer vom Tesla-Standort entfernt. Mehr als ein guter Grund also, dass „Der BauUnternehmer“ mal einen Rundumblick auf das Thema nimmt.

Der Schritt ist eine Ansage an die deutsche Konkurrenz, die das Thema genau wie die politischen Verantwortlichen jetzt auf der Prioritätenliste ganz nach oben geschoben haben. Auch wenn die Absichtserklärung der Bundesregierung zum nachhaltigen Einstieg in die Elektromobilität nichts mit der Teslaschen Ankündigung zu tun hat, wirkt die Nachricht des Vorzeigeunternehmens in Sachen Elektromobilität wie ein Katalysator, wenn man sich mal in der Medienlandschaft umsieht. Lange haben sich deutsche Autobauer dem Thema mit teilweise viel verbalem Aufwand zur Wehr gesetzt – schlechter Wirkungsgrad, keine ausgereifte Technik und wenig Akzeptanz beim Endkunden. Der Widerstand währte so lange, dass die Bundesregierung auf dem Anfang November stattgefundenen Autogipfel eingestehen musste, dass man sich bei der Elektromobilität habe überholen lassen. Dennoch nimmt die Branche die Tesla-Ankündigung gelassen hin. „Der Autoverband VDA begrüßte die Investitionsentscheidung. Sollten die Pläne in einigen Jahren umgesetzt werden, bedeutet dies einen weiteren Schub für die Elektromobilität“, sagte VDA-Präsident Bernhard Mattes.

Immerhin investieren deutsche Hersteller und Zulieferer bereits massiv in die Elektromobilität, bis 2023 seien 150 E-Modelle in der Planung. „Wir scheuen den Wettbewerb nicht, ganz im Gegenteil“, sagte Mattes. Ankündigungen von Daimler, Opel und Ford, alle Modelle der eigenen Produktpalette als Elektrovariante anzubieten, erscheinen derzeit im Wochentakt in den Medien. Gleichzeitig hat sich die deutsche Autoindustrie dazu verpflichtet, den Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur zu finanzieren und die Bundesregierung arbeitet an der Schaffung eines Elektromobilitätsmarkts mit Förderprogrammen, um Kaufanreize bei den Bürgern zu setzen. Auf dem Weg zu klimaneutraler Mobilität hat Mercedes-Benz zudem eine Partnerschaft mit dem chinesischen Entwickler und Anbieter von Lithium-Ionen-Batterietechnologien Farasis Energy vereinbart. Im Rahmen dieser Nachhaltigkeitspartnerschaft mit Mercedes-Benz soll der Batteriezellenlieferant künftig CO₂-neutral produzieren. Ein Standort in Deutschland wird derzeit geplant und soll CO₂-neutral ausgerichtet werden. Gleichzeitig entstehen Fertigungsstätten in den USA und in China.

Ein weiteres Schwergewicht der deutschen Automobilbranche hat gerade ein neues Kompetenzzentrum eröffnet. Der BMW-Konzern will im – nur einen Steinwurf vom Forschungs- und Ingenieurzentrum entfernten - Kompetenzzentrum seine gesamte Forschung rund um Batteriezellen für die Elektromobilität bündeln. Der bayerische Autobauer will sein Wissen entlang der gesamten Wertschöpfungskette von Batteriezellen ausbauen und verfeinern, heißt es in der Pressemitteilung zur Eröffnung. „Das neue Kompetenzzentrum Batteriezelle bringt uns in eine einzigartige Position: Von der heutigen Technologie des BMW i3 ausgehend verdoppeln wir die Energiedichte unserer Batteriezellen bis 2030 und damit auch die Reichweite für unsere Kunden“, kündigte BMW-Chef Oliver Zipse an. „Die Batteriezell-Technologie ist ein zentraler Erfolgsfaktor unserer Elektro-Offensive. Hier können wir festlegen, welche Formate mit welchen Materialien wir zu welchen Konditionen beziehen. Damit sind wir bestens aufgestellt für den weiteren Rollout unserer elektrifizierten Fahrzeuge.“ Die geplante Investition von Tesla ist auch für Deutschlands Batterieforscher relevant. Der Münsteraner Professor Martin Winter, zugleich Leiter des deutschen Beirats für Batterieforschung, sagte dem Tagesspiegel: „Wenn diese Ankündigung wahr wird, ist das eine exzellente Nachricht für den Batterie- und Automobilstandort Deutschland. Da auch ein Entwicklungszentrum in Deutschland beheimatet sein soll, kann das auch für die hiesige Forschung hoch attraktiv sein.“

Während die Verantwortlichen in Industrie und Politik die Realisierbarkeit immer wieder bejahen, fehlt den Deutschen beim Thema Elektromobilität mittlerweile der Glaube, dass in den nächsten 25 Jahren der Umstieg geschafft sein wird. So halten es laut einer YouGov-Studie 80 Prozent der Befragten für unwahrscheinlich, dass sich Elektromobilität im städtischen Verkehr durchsetzt, obwohl sich das fast ein Drittel wünscht. Fakt ist: „Wer saubere Städte und klimafreundliche Fortbewegung will, muss zumindest kurz- und mittelfristig auf E-Mobility setzen“, kommentiert Dr. Stefan Penthin von BearingPoint, dem Auftraggeber der Studie.

Bild: Daimler

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Erschienen in Ausgabe: Dezember 2019 / Seite 16

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