von Christian Schönberg
Eine Kunststoffhülle genügt für große Konzerthalle
Nachhaltig erzeugter Strom als Energiequelle für das nötige Gebläse
Die Hamburger Elbphilharmonie oder die Oper in Sydney beweisen es: Da, wo sinfonische Klassik erkling, reicht außergewöhnliche Architektur ihr die Hand.
Ein Bauwerk, das jüngst in Luzern am Seeufer stand, fällt ebenso in dieses Raster des Unüblichen – aber aus anderem Grund: Es ist die erste mobile aufblasbare Konzerthalle der Welt. Entstanden ist das in nahezu allen Belangen ungewöhnliche Gebäude aus einem traurigen Grund: Am 11. März 2011 erschütterte ein fürchterliches Erdbeben mit anschließender Flutwelle die japanische Region Sendai. Musik soll den Klassik liebenden Japanern ein wenig Freude in dem endlos scheinenden Schrecken geben. Das dachten sich Luzerner mit ihrer
Idee, eine Konzerthalle zu kreieren, die sich rasch von einem Platz zum anderen verlegen lässt.
Neue Arche am Vierwaldstätter See aufgebaut
Als „neue Arche“, „Ark Nova“, ist das ungewöhnliche Objekt nun Heimat des Lucerne Festivals. Deren Gastspiel in Fernost dauerte von 2013 bis 2017. Im September dieses Jahres kehrten Musiker und Gebäude an den Vierwaldstätter See zurück. Eine begleitende Ausstellung zur „Ark Nova“ war bis 12. Oktober im Luzerner Hans-Erni-Museum zu sehen. Die Einnahmen aus den Luzerner Konzerten kamen der Förderung des Musiknachwuchses zugute.
Die Konzerthalle besteht aus Polyestergewebe, das mit Polyvinylchlorid (PVC) beschichtet ist. Ihr Farbenspiel nach außen wie innen reicht von rosarot bis auberginen-lila. Die bis zu sechs Millimeter dicke Hülle kommt ohne zusätzliche Tragkonstruktionen aus. Ein Überdruck hält sie aufrecht.
Drei Gebläse bringen die Gebäudehülle in Form
In Luzern wurde sie in kurzer Zeit mit drei Gebläsen in Form gebracht. Nachhaltig erzeugter Strom bildet die dafür nötige Energiequelle. Ein immerwährender Austausch ist gewährleistet: Im Innern entstehende Wärme steigt auf und gelangt über eine obere Öffnung nach draußen, während unten neue Luft nachströmen kann.
Mit ihren 18 Metern Höhe und den 36 Metern Länge bot das mobile Gebäude insgesamt 300 Konzertbesuchern Platz. In Japan nahmen sogar bis zu 500 Besucher pro Konzert teil. Initiiert hat das Ganze der Luzerner Intendant Michael Haefliger: Er griff bei seiner Idee auf die Arbeiten von Sir Anish Kapoor zurück. Der Londoner Bildhauer hat mit seinen PVC-beschichteten Polyestergewebe-Skulpturen bereits in Paris 2011 Aufsehen erregen können.
Foto: Lucerne Festival
von Christian Schönberg