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Krise im Wohnungsbau: "Bis Dezember müssen Taten folgen"

Bauwirtschaft macht nach Wohnungsbaugipfel im Kanzleramt weiter Druck auf die Politik

Mit  14 Maßnahmen will Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Ampel-Bundesregierung der Baubranche aus der Krise helfen. Dazu zählen unter anderem das vorläufige Aussetzen eines verbindlichen Effizienzhaus (EH)- 40-Standards beim Neubau, ein "Klima-Bonus" für den Tausch alter gegen neuer Heizungen, ein Heraufsetzen der Fördergrenze für den Kauf von Wohneigentum auf ein  Familieneinkommen von 90.000 Euro Brutto im Jahr. Für die Bauwirtschaft ist das zwar ein Anfang, dennoch drängen die Bauverbände weiter aufs Tempo. Denn die Krise im Wohnungsbau macht den Unternehmen von Tag zu Tag schwerer zu schaffen.

Wohnungsmangel in Ballungszentren immer kritischer

Massiv steigende Flüchtlingszahlen im Land sowie akuter Mangel an bezahlbaren Wohnungen  sorgen für immer größeren Druck auf Politik und Behörden vor allem in städtischen Ballungsgebieten. Gleichzeitig verhindern hohe Baukosten, und Zinsen,  staatliche Anforderungen an klimagerechtes Bauen sowie viel zu langsame Genehmigungsverfahren  eine Beschleunigung im Wohnungsbau. Stattdessen sind massive Auftragseinbrüche und Stornierungen von Bauprojekten die Folge.

Vor dem Gipfel hatte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB) " einen "Wohnungsbau-Wumms"  gefordert. Doch davon ist man nach Einschätzung des Verbands noch weit entfernt.

ZDB-Präsident Schubert-Raab: "Die geplanten Maßnahmen gehen in die richtige Richtung, reichen aber nicht"

Die Ergebnisse des Wohnungsbaugipfels kommentierte der neu gewählte ZDB-Präsident Wolfgang Schubert-Raab: Auf diesem Kanzlergipfel ist ganz deutlich geworden, dass die Regierung den Druck der  Unternehmer verstanden hat, die Arbeitskräfte während der Krise zu halten. Die geplanten Maßnahmen für zusätzliche Investitionen gehen in die richtige Richtung, reichen aber noch nicht aus. Entscheidend ist jetzt, dass die Umsetzung zügig erfolgt. Der Druck auf die Beschäftigung ist enorm. Bund und Länder, deren Kooperation insbesondere bei der Grunderwerbssteuer und im sozialen Wohnungsbau gefragt ist, müssen jetzt den Turbo für den Wohnungsbau auch zünden. Langwierige Diskussionen können wir uns nicht mehr leisten; sie kosten Arbeitsplätze. Wir schlagen daher ein weiteres Treffen mit Bund und Ländern bereits im Dezember vor. Bis zum Ende des Jahres müssen Taten folgen.

Bis dahin müssen auch die Unklarheiten im Maßnahmenpapier beseitigt sein. Wie sieht zum Beispiel die Detailplanung zum Programm Klimafreundlicher Neubau aus? Bis die Maßnahmen eindeutig definiert sind und wirken, benötigen wir zur Beschäftigungssicherung ein Kurzarbeitergeld mit vereinfachten Zugangsvoraussetzung und eine zumindest teilweise Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge. Diese Regelung sollte sich unmittelbar an die sogenannte „Schlechtwetterzeit“ im März 2024 anschließen.

Mit Blick auf die Einzelmaßnahmen des Regierungspapiers ist für uns besonders wichtig, dass die Bundesregierung auf die Festlegung des EH-40 Standards als gesetzlichen Mindeststandard in dieser Legislaturperiode verzichtet. Wir hatten dies als erster Verband gefordert, um der eingebrochenen Wohnungsbaunachfrage einen Schub zu geben. Entscheidend ist dabei, dass der EH 55-Standard auch gefördert wird, damit die Nachfrage in Gang kommt. Jedes gebaute EH 55-Haus ist angesichts des Wohnraummangels besser als kein EH 40-Haus.

Eine richtige Entscheidung ist auch, den Erwerb von Wohneigentum für Familien stärker zu fördern und die Einkommensgrenzen auf 90.000 Euro im Jahr heraufzusetzen. Wir hatten diese Erhöhung gefordert und gehen davon aus, dass nun weit mehr Familien sich den Traum vom Eigenheim wieder erfüllen können. Die Erhöhung der Kredithöchstbeträge um 30.000 Euro reicht allerdings nicht aus. Hier hätte es zu der von uns geforderten Verdoppelung kommen müssen. Angekündigt wurde, das Programm Klimafreundlicher Neubau ebenfalls attraktiver zu gestalten. Details hierzu sind leider noch nicht bekannt. Das Programm „Jung kauft alt“, mit dem die Regierung den Erwerb von sanierungsbedürftigen Bestandsgebäuden fördern will, begrüßen wir ebenfalls. Entscheidend für den Erfolg des Programms ist allerdings die Höhe der Förderung, die noch unbekannt ist. Die Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer müssen endlich kommen.“

Berliner Baugewerbe fordert kürzere Baugenehmigungen und harmonisierte Landesbauordnungen

Zum Wohnungsgipfel im Kanzleramt sagt Klaus-Dieter Müller, Präsident der Fachgemeinschaft Bau: „Die gestern besprochenen Maßnahmen sind ein Anfang, reichen aber bei weitem nicht aus. Angesichts des dramatischen Auftragseinbruchs im Wohnungsbau muss nun die Umsetzung der geplanten Maßnahmen so schnell wie möglich erfolgen. Jeder weitere mit Diskussionen verbrachte Monat kostet Arbeitsplätze. Zusätzlich zu den vorgestellten Maßnahmen braucht es ein deutlich besseres Anreizsystem für die Bauherren mit einem verlässlichen Förderbekenntnis seitens der Politik.“

Edgar Terlinden, Geschäftsführer der Fachgemeinschaft Bau ergänzt: „Ebenso brauchen wir schnellstmöglich konkrete Vereinfachungen und Verkürzungen der Genehmigungsverfahren sowie harmonisierte Bauordnungen der Länder. Außerdem müssen die Standards für den Neubau dringend auf den Prüfstand. Die politisch motivierte Verschärfung dieser Normen in den letzten Jahren hat erheblich dazu beigetragen, die Kosten selbst für einfache Wohngebäude so in die Höhe zu treiben, dass die damit erreichten Einsparungen etwa an Heizenergie diese Kostensteigerungen nicht mehr rechtfertigen.“

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Erschienen in Ausgabe: online

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