Wohnungsbau -

Die Zu-viel-gebaut-These erntet heftige Kritik

Konkurrenz-Institut knüpft sich IW-Studie vor

DBU/Berlin – Eine vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) vorgelegte Studie ist auf vehemente Kritik aus der Bau- und Immobilienbranche gestoßen. Die Studie komme „in Sachen Wohnungsbau auf dem Land zu falschen Erkenntnissen“, sagte Ronald Rast, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) und Koordinator der Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“.
Die Immobilien-Studie des Kölner IW kommt zu dem Schluss, dass in vielen ländlichen Bereichen der Bundesrepublik in den letzten Jahren zu viel neuer Wohnraum fertiggestellt wurde. Laut DGfM ist diese IW-Analyse in „Fachkreisen auf Kritik und Unverständnis gestoßen.

Fallbeispiel Landkreis Emsland
Zu den Kritikern der IW-Studie gehört auch das Pestel-Institut. Das Hannoveraner Institut hat eine Schnellanalyse der IW-Studie vorgenommen und erklärte seine Kritik exemplarisch am Landkreis Emsland.

Die IW-Studie war zu dem Schluss gekommen, dass in dem Landkreis an der Grenze zu den Niederlanden in den Jahren 2011 bis 2015 rund 1.060 Wohneinheiten mehr gebaut worden seien, als laut Bevölkerungsprognose und herrschendem Leerstand nötig gewesen wären. Dem widerspricht das Pestel-Institut. Das Emsland zeige eine positive Bevölkerungs- und Beschäftigungsentwicklung, so die Pestel-Forscher. Zwischen 2011 und 2015 sei die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigen im Emsland um 14,4 Prozent oder 15.755 Personen gestiegen. Diese Entwicklung locke Menschen in die Region, da viele einen Wohnsitz in Arbeitsplatznähe gegenüber langen Pendelstrecken vorziehen würden.
So haben sich im Betrachtungszeitraum 7.850 Personen zusätzlich für einen Erstwohnsitz im Emsland entschieden. Die Zahl der Privathaushalte stieg um knapp 8.100 oder 6,8 Prozent. Der Wohnungsbestand sei, so das Pestel-Institut, dazu passend um 8.150 Wohneinheiten gestiegen.
Auch die Annahmen zum Leerstand, die das IW seiner Analyse zu Grunde legt, stoßen bei den Wirtschaftsforschung des Pestel-Instituts auf Kritik. Um die Kritik zu veranschaulichen, zieht das Pestel-Institut wieder den Landkreis Emsland zur Vergleichsanalyse heran. Das IW geht nach eigenen Angaben von einer Leerstandsquote von fünf Prozent im Emsland aus. Das Pestel-Institut vermerkt hierzu, dass sich seit dem Zensus 2011 der Leerstand um fast verdreifacht haben müsste, um diese Annahme zu erfüllen. Denn laut der Zensus-Vollerhebung betrug die Leerstandsquote im Landkreis Emsland lediglich 1,75 Prozent – und sei damit in etwa vergleichbar mit der Leerstandsquote Hamburgs.

Kritik an Duisburg-Ergebnis
Doch nicht nur die Zu-viel-gebaut-These für ländliche Räume stößt bei den Pestel-Experten auf Widerspruch, auch die IW-Analyse für die Ruhrmetropole Duisburg wird kritisiert. Das Kölner IW hatte gefolgert, dass in der Stadt am Zusammenfluss von Rhein und Ruhr zwischen 2011 und 2015 nur 49 Prozent des eigentlich benötigten Wohnraum gebaut worden seien.
Das Pestel-Institut zieht für seine Gegenargumentation wieder die Ergebnisse des Zensus heran, wonach 2011 in der Stadt 13.942 Wohnungen oder 5,4 Prozent aller Wohneinheiten leerstanden. „Anstatt der Großstadt Duisburg eine kräftige Neubau-Empfehlung zu geben, wäre es eher angebracht, dort den Leerstand von rechnerisch rund 3,8 Prozent Ende 2015 weiter abzubauen und die zusätzlichen Haushalte mit sanierten und modernisierten Leerstandswohnungen zu versorgen“, sagte Matthias Günther vom Pestel-Institut.

Erschienen in Ausgabe: Juli 2017 | Seite 5

Zurück