Regional - von Redaktion
Das Handwerk, BIM, der Roboter und das Berliner Schloss
Sächsischer Steinmetz rechnet mittels MWM-Libero ab
Karlsruhe – Was haben Steinmetzarbeiten an Schlössern und Software zur Mengenermittlung und Abrechnung gemeinsam? Nichts auf den ersten Blick. Bei den umfangreichen Natursteinarbeiten am Berliner Schloss – eines der deutschen BIM-Vorzeigeprojekte – setzt die Dresdner Schubert Steinmetz- und Steinbildhauer GmbH das Programm MWM-Libero zwecks Mengenermittlung und Abrechnung seiner erbrachten Leistungen an der Natursteinfassade ein.
Einer von sechs Meistern und Steintechnikern der Schubert Steinmetz- und Steinbildhauer GmbH auf der Berliner Baustelle ist Jan Leistner. Das vom Sven Schubert 1990 gegründete Unternehmen beschäftigt 25 Mitarbeiter und war an zahlreichen renommierten Natursteinprojekten beteiligt. Einer der Kollegen von Jan Leistner ist kein Mensch, sondern ein Roboter. Dieser liefert in der Firma Schubert unterstützende Arbeiten – gefüttert mit 3D-Daten aus dem Computer. Der Roboter erstellt vorgefräste Rohlinge, die von Steinmetzen und Bildhauern fertiggestellt werden. Die groben Tätigkeiten macht der Roboter, die filigrane Kleinstarbeit der Mensch.
3.000 Schmuckelemente
Der Umfang der Natursteinarbeiten am Schloss ist gigantisch. Rekonstruiert werden drei Außenfassaden und die Kuppel. Über 8.000 Kubikmeter Sandstein werden für die drei historischen Barockfassaden verarbeitet. Neben 3.000 Schmuckelementen sind dies auch Fensterstürze, Säulen und Unterzüge. Für diese Arbeiten sind Kosten von 105 Mio. Euro veranschlagt.
Berliner Schloss ist für Steinmetz-Branche eine Mega-Baustelle
Bauherrin ist die Stiftung „Förderverein Berliner Schloss e.V.“. Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) ist für das Baumanagement zuständig und vergibt im Auftrag der Bauherrin die Bauleistungen, wie die historischen Fassadenarbeiten, losweise. Im Rahmen der Ausschreibungen haben die Dresdner Steinmetze mehrere Aufträge erhalten. Unter anderem arbeiten sie am Außenportal II der Südfassade.
Die bildhauerischen Arbeiten der Dresdner sind überaus detailgetreu und mit großer Präzision nach den alten Vorlagen gestaltet.
Nicht selbstverständlich für eine solche Großbaustelle sind laut Jan Leistner die hervorragenden Planungsunterlagen und die perfekte Logistik. Die Ausführungszeichnungen für die anspruchsvollen Natursteinarbeiten der historischen Barockfassade können daher für die Abrechnung als Grundlage dienen.
Datenaustausch per DA11 Datei
Allerdings müssen die Leistungen der Steinmetzfirmen auch abgerechnet werden. Grundlage dafür ist die VOB Teil C Natursteinarbeiten. Die Abrechnungsbasis für das BIM-Leuchtturmprojekt sind die Regelungen für die Elektronische Bauabrechnung REB 23.003. Diese beschreiben die Berechnungsmethoden und Methoden zum Austausch von Daten zur Mengenermittlung. Dazu erhält die Firma Schubert die Leistungsverzeichnisse als GAEB-Datei vom Vertreter des Bauherren, dem BBR. In diese werden die einzelnen Aufmaße den Positionen entsprechend eingegeben und die abzurechnenden Leistung oder die Mengenermittlung anschließend als DA11-Datei mit den Rechnungen übertragen.
Dazu setzt Jan Leistner auf der Baustelle das Programm MWM-Libero des Bonner Softwarehauses MWM Software & Beratung GmbH ein. Die Abrechnung der komplexen Baukörper wie Figuren, Löwen, Adler etc. erfolgt pro Stück, die entsprechende Anzahl der Position trägt der Steinmetz ins LV ein. Für die anderen Elemente wie Säulen, Quader aber auch Mauerwerksarbeiten und Abdichtungsarbeiten überträgt er die Werte aus den Zeichnungen in MWM-Libero. Kann er die Informationen aus der Zeichnung nicht entnehmen wie zum Beispiel bei komplizierten aufwändigen Anschlüssen, misst Leistner die Positionen per Hand auf.
Dokumentation der Leistungen mit Foto
Der Einsatz der Software vor Ort bringt viele Vorteile, denn es können Unklarheiten direkt auf der Baustelle beseitigt und mit Fotos dokumentiert werden. Auch können die Beteiligten komplexe Sachverhalte, die aus der Zeichnung nicht ersichtlich sind, vor Ort betrachten und somit nachvollziehen. Neben der einfachen Erfassung der Mengen dienen Fotos, die Leistner von den Elementen macht, zur Dokumentation für den Ausführenden und den Prüfer. Darüber hinaus stellt das Austauschformat DA11 eine enorme Erleichterung für die Prüfung von Baumaßnahmen dar, da eine manuelle Prüfung der Berechnung, wie zum Beispiel das Nachrechnen des Aufmaßes mit dem Taschenrechner, damit entfallen kann.
Für Jan Leistner ist die Software ein großer Gewinn: „Ich gebe die Maße am Laptop ein, drucke dann das Aufmaß im Baubüro aus, das mir der Auftraggeber unterschreibt. Ich habe die Daten sofort in meiner Mengenermittlung drin und muss diese nicht noch einmal zusätzlich in irgendein Programm eingeben. Darüber hinaus hat man immer ein Leistungsverzeichnis mit Langtexten zur Verfügung.“ Das bedeutet eine Fehlerminimierung sowie eine Zeitersparnis im Gegensatz zur herkömmlichen Methode. Zwecks Erstellung der Schlussrechnung schickt Leistner die Daten dann per DA 11 in die hausinterne Software zur Abrechnung.
Fazit
Eine Reise zum Berliner Schloss lohnt sich auf jeden Fall schon heute und nicht erst nach der Fertigstellung, spannt das Bauwerk doch einen Bogen von der spätmittelalterlichen handwerklichen Baukunst zum heutigen digitalen BIM-Zeitalter. Und MWM-Libero ist Teil davon.
von Redaktion
Erschienen in Ausgabe: Oktober 2016 | Seite 8