Interview -
Cramo ist sehr profitabel und auf Wachstum ausgerichtet
Interview mit Dirk Schlitzkus, Geschäftsführer Cramo Deutschland, auf der NordBau in Neumünster
DBU/Neumünster/Berlin – Der finnische Cramo-Konzern zählt zu den Big Playern der europäischen Vermietbranche. In 12 Ländern auf dem Kontinent ist Cramo aktiv, 150.000 Kunden vertrauen auf die Dienste und Leistungen von Cramo, darunter viele Bauunternehmen. In Deutschland ist der Konzern, mit Sitz in Finnlands Hauptstadt Helsinki, seit 2011 am Markt. Damals gelang die erfolgreiche Übernahme des Baumaschinen-Vermieters Theisen aus dem oberbayerischen Feldkirchen. Auf der Fachmesse NordBau sprach Der BauUnternehmer mit Cramo-Geschäftsführer Dirk Schlitzkus über die Herausforderungen der Digitalisierung, über das Image der Baubranche und über die Präsenz des Unternehmens am deutschen Markt. Dabei berichtete Schlitzkus offen über die bemerkenswerte Wachstumsstrategie, die Cramo in Deutschland verfolgt.
Der BauUnternehmer (DBU): Herr Schlitzkus, wir sind hier auf der Fachmesse NordBau in Neumünster. Wie gefällt Ihnen die Messe und mit welchen Erwartungen haben Sie sich für die Teilnahme an der NordBau entschieden?
Dirk Schlitzkus: Die NordBau ist eine sehr gute Regionalmesse –eine der besten, die wir in Deutschland haben. Ihr Einzugsbereich ist wirklich groß und reicht bis nach Südschweden.
Jeder Messeauftritt stärkt unsere Marke. Die Marke Cramo ist erst seit dem Jahr 2014 in Deutschland am Markt und noch immer nicht so sehr bekannt, wie wir uns das wünschen. Dabei ist Cramo eine sehr wertvolle Marke, mit einem enormen Bekanntheitsgrad in Europa. Denn Cramo ist der zweitgrößte Akteur am Vermietmarkt in Europa. Allein in den nordischen Ländern betreibt Cramo mehr als 250 Mietstationen.
DBU: Bietet eine starke Marke Vorteile, jenseits reiner Vertriebsvorteile?
Dirk Schlitzkus: Ja, eine starke Marke bringt enorme Vorteile beim Recruiting. Der Fachkräftemangel ist in der Baubranche ein großes Problem. Deshalb müssen wir neue Fachkräfte auch selbst entwickeln. Eine Fachkraft in der Baumaschinenvermietung muss mittlerweile viel mehr beherrschen, als nur mit einem Schraubenschlüssel umgehen zu können. Die Anforderungen haben sich in den letzten Jahren deutlich erhöht. Dazu trägt auch die Digitalisierung der Bauwirtschaft bei. Diese bringt Geschwindigkeit in die Baubranche und beschert jungen Berufseinsteigern fantastische Karriere-Möglichkeiten.
DBU: Aber ist es nicht so, dass die Baubranche noch immer als verstaubt gilt?
Schlitzkus: Ja, leider. Denn eigentlich ist die Baubranche eine sehr moderne Branche. Es kommen modernste Maschinen und neuste Technologien zum Einsatz. Zudem sind die Herausforderungen, die die Bauunternehmen meistern müssen, häufig projektindividuell – also in dieser speziellen Konstellation einmalig auf der Welt. Und speziell die Vermietungsindustrie, also der Bereich, in dem sich Cramo bewegt, ist eine sehr moderne Industrie. Wir gehören zu den Vorreitern der Sharing Economy. Das Teilen (oder Sharing) von Investitions- und Gebrauchsgütern, ist sehr effizient und nachhaltig. Es hilft Ressourcen zu sparen und trifft somit genau den Zeitgeist.
Die Vermietung (oder eben das Sharing) ermöglicht es, immer spezialisiertere Maschinen auf den Baustellen einzusetzen. Effizientere Arbeitsprozesse sind die Folge. Die hohe Spezialisierung der Maschinen ist möglich, da Maschinen von mehreren Unternehmen für genau die eine Tätigkeit genutzt werden. Für das einzelne Unternehmen hingegen wäre es nicht effizient, eine hoch spezialisierte Maschine anzuschaffen, da sie zu selten eingesetzt würde.
Wegen dieser Effizienzzuwächse ist das Mieten von Maschinen mittlerweile fester Bestandteil des baugewerblichen Tagesgeschäfts. Außerdem bieten die Vermietungsunternehmen mittlerweile eine Reihe weiterer Leistungen. So erbringen wir zum Beispiel die nötigen Logistikleistungen für die Mietabwicklungen.
DBU: Würden Sie das bitte etwas genauer darstellen?
Schlitzkus: Früher kam der Bauunternehmer, der eine Maschine mieten wollte, mit einem Tieflader zur Mietstation gefahren und hat die angemieteten Maschinen gleich mitgenommen. Mittlerweile ordert der Baubetrieb bei uns die Maschine, die er mieten möchte, und nennt uns Ort und Zeitpunkt, zu dem die Maschine geliefert werden soll. Die gesamte logistische Leistung organisieren dann wir.
DBU: Die ganze Baubranche redet derzeit über die Digitalisierung. Wie weit ist Ihr Unternehmen bei der Digitalisierung fortgeschritten?
Schlitzkus: Cramo hat sein Dienstleistungsangebot bereits digitalisiert. Unter dem Markenname eCRent (sprich: easy rent) betreibt Cramo eine Internetplattform, über die die Kunden Maschinen online bestellen können. Auch das Abholen der Maschinen und Zurückbringen der Maschinen, kann über eCRent digital organisiert werden. Zudem kann der Kunde zu jeder Zeit seine Rechnung und das Leistungsverzeichnis einsehen.
Der Zugang zu dieser Plattform ist von jedem Rechner auf der Welt via Internet möglich und natürlich auch über mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets. Die Verfügbarkeit der Maschinen wird bei eCRent in Echtzeit wiedergegeben. Stellt der Kunde eine Maschinen-Anfrage, berücksichtigt unser System die zum Zeitpunkt verfügbaren Maschinen aller Cramo-Mietstationen innerhalb eines bestimmten Umkreises.
Sollte mal eine Maschine mit den vom Kunden gewünschten Spezifikationen nicht verfügbar sein, dann schlägt das System automatisch ähnliche Maschinen vor, die verfügbar sind. Selbstverständlich können die Rechnungslegung und die Beendigung der Miete auch online erfolgen.
DBU: Die Mietmaschinen sind mittlerweile mit allerhand Maschinensteuerungstechnik ausgerüstet und sammeln entsprechend viele Daten. Was passiert mit diesen Daten?
Schlitzkus: Die Daten gehören dem jeweiligen Betrieb, der die Maschine zum Zeitpunkt der Datenerhebung gemietet hat. Auf Wunsch können wir mit den Unternehmen die Daten natürlich besprechen, um zum Beispiel herauszufinden, wo die Arbeit noch effizienter und somit kostengünstiger hätte erfolgen können. Auf Kundennachfrage ist es vorstellbar, dass wir Auswertungen oder Übersichten zu der Arbeitsleistung der Maschinen an das Unternehmen aushändigen.
DBU: Gelegentlich gibt es Streitfälle, weil eine Maschine beschädigt zur Mietstation zurückkommt. Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang die erfassten Arbeitsdaten der Maschinen?
Schlitzkus: Nach wie vor wird im Streitfall ein Gutachter vor Gericht bewerten müssen, ob die Maschinen sorgfältig behandelt wurden. Daran hat die die Datenerfassung nichts geändert. Die Digitalisierung und die Datenerfassung tragen aber dazu bei, viele solcher Konflikte zu entschärfen, da die objektiven Daten das Finden einer einvernehmlichen Lösung erleichtern.
Doch glücklicherweise sind Schadensfälle an Maschinen in den letzten Jahren deutlich seltener geworden. Die neuen Maschinengenerationen sind einfacher in der Handhabe und robuster, als es ihre Vorgängermodelle waren.
DBU: Stimmt es, dass die Hersteller speziell für Vermietungsunternehmen Maschinenmodelle
entwerfen, die einfacher zu bedienen sind?
Schlitzkus: Generell denken wir, dass alle Maschinen einfach zu bedienen sein sollten. Aber ja, das stimmt. Die Vermietbranche drängt die Hersteller zu einer intuitiven und einfachen Bedienbarkeit der Maschinen. Denn die Bediener von Mietmaschinen sind häufig keine Spezialisten im Umgang mit dem spezifischen Maschinentyp. Häufig ist für die Einarbeitung auf der Maschine nur ein halber Tag vorgesehen. Und da ist es natürlich ein unschätzbarer Vorteil, wenn die Maschine leicht und intuitiv bedienbar ist.
Im Regelfall lassen sich die Hersteller auch auf unsere Forderungen ein. Denn aufgrund der großen Stückzahlen, die die Vermietungsunternehmen abnehmen, besitzen wir eine gewisse Marktmacht.
DBU: Warum sind die Bediener der Maschinen unerfahren?
Schlitzkus: Wie schon gesagt, mieten die Unternehmen häufig hoch spezialisierte Maschinentypen an, die sie nur projektspezifisch einsetzen. Da fehlt es den Bedienern selbstverständlich an Routine. Zum anderen setzen die Bauunternehmen die hoch spezialisierten Bediener und Fahrer lieber auf ihren betriebseigenen Maschinen ein, um die Maschinen möglichst korrekt und verschleißarm einzusetzen.
DBU: Kann man auch grenzüberschreitend mieten? Oder gibt es da Probleme?
Schlitzkus: Cramo ist in zwölf Ländern in Europa vertreten und natürlich kann man grenzüberschreitend mieten. Aufgrund des europäischen Binnenmarktes gibt es da prinzipiell keine Probleme. Jedoch unterziehen bestimmte Ländern, wie Polen und Tschechien, jede Maschine, die über die Grenze gebracht wird, vor der Inbetriebnahme einer technischen Prüfung. Im Regelfall ist das jedoch eine reine Formsache und stellt kein Problem dar.
DBU: Herr Schlitzkus, Cramo hat vor Kurzem seine neue Unternehmensstrategie „Shape and Share“ vorgestellt. Was verbirgt sich konkret dahinter?
Schlitzkus: Das „Shape“ steht für gestalten und formen, das „Share“ steht für teilen. Kurzum: Mit der Strategie haben wir uns auf die Fahnen geschrieben, die Entwicklung der Baubranche aktiv mitzugestalten. Wir wollen effiziente Lösungen für typische Arbeitsabläufe der Bauwirtschaft entwickeln und damit neue Standards setzen. Die neuen Standards wollen wir dann am Markt etablieren, auch international.
Als europaweit tätiger Konzern ist Cramo dafür bestens gerüstet. Bei alle dem steht das Ziel im Vordergrund, Betriebsprozesse in der Baubranche möglichst effizient zu gestalten. Bei jedem Arbeitsablauf müssen wir uns immer wieder fragen „Kann man das noch besser machen?“. Und natürlich wollen wir diese optimierten Abläufe mit unseren Kunden teilen. Wir wollen unser Wissen unseren Kunden zur Verfügung stellen und sie dabei unterstützen, ihre betrieblichen Arbeitsschritte zu optimieren.
DBU: Das Vermietgeschäft hat immer auch eine lokale Komponente: Die Kunden brauchen eine Mietstation in der Nähe, damit die Logistikkosten für die Anmietung nicht aus dem Ruder laufen. Wie sieht das Niederlassungsnetz von Cramo in Deutschland aus?
Schlitzkus: Bei unserem Vertriebsnetz verfolgen wir eine Schwerpunktstrategie. Das heißt, wir streben keine Komplettabdeckung des gesamten Bundesgebietes an, sondern betreiben in starken Regionen auch mal mehr als nur eine Niederlassung.
Wir wollen unsere Dienste dort anbieten, wo sie auch nachgefragt werden. Das lässt sich mit unserer Schwerpunktstrategie optimal erreichen.
Aktuell verfügen wir innerhalb Deutschlands im Süden und im Osten über ein dichtes Niederlassungsnetz mit über 50 Standorten. Doch speziell in Norddeutschland haben wir derzeit nur wenige Mietstationen. Aber das wird sich ändern.
Wir sind aktiv auf der Suche nach Akquisitionsobjekten. Wir wollen durch Firmenzukäufe deutlich wachsen. Mit dieser Wachstumsstrategie schließen wir die Konsolidierungsphase der letzten Jahre endgültig ab.
Seit dem vergangenen Jahr ist Cramo Deutschland wieder deutlich profitabel. Diesen Erfolg nutzen wir, um das Unternehmen in eine akquisitionsgetriebene Wachstumsphase zu führen.
Herr Schlitzkus, ich bedanke mich herzlich für das Gespräch.
Das Interview führt DBU-Redakteur Heiko Metzger.
Erschienen in Ausgabe: November 2017 | Seite 5