Projekt -

Baustelle der Superlative

58 Krane von Liebherr drehen sich über Flughafen-Baustelle in Istanbul

DBU/Berlin – Die türkische Metropole Istanbul ist die einzige Stadt der Welt, die auf zwei Kontinenten liegt. Jetzt wird die Stadt am Bosporus um einen weiteren Superlativ reicher. Rund 35 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt entsteht aktuell der größte Flughafen der Welt. Nach der Fertigstellung sollen hier 200 Millionen Fluggäste jährlich ein-, um- oder aussteigen. Auf dem derzeit größten Flughafen der Welt im
US-amerikanischen Atlanta werden aktuell knapp über 100 Millionen Passagiere pro Jahr abgefertigt. Beim Bau des Mega-Flughafens in Istanbul ist auch Technik des Liebherr-Konzerns im Einsatz.

Mitte 2014 haben die ersten Erdbewegungsarbeiten für den neuen Istanbuler Flughafen begonnen. Im Sommer dieses Jahres haben zeitweise 13.000 Bauarbeiter und mehr als 2.000 Baumaschinen auf der Riesen-Baustelle geschuftet. Das Projekt sei „ein ganz besonderer Meilenstein für die Geschäftsaktivität von Liebherr in der Türkei“, sagte Danyel Temizkan, Geschäftsführer der in Istanbul ansässigen Vertriebsgesellschaft von Liebherr. 58 Turmdrehkrane hat der Konzern für das Großprojekt an das bauausführende Konsortium geliefert. Für die Turmdrehkran-Sparte des Konzerns war das der bislang größte Einzelauftrag der Firmengeschichte.
Mit diesem Mammut-Auftrag überschreitet das Türkei-Geschäft von Liebherr, nur acht Jahre nach der Gründung der türkischen Tochtergesellschaft, die Jahres-Umsatzmarke von 100 Mio. Euro. Der Konzern mit Sitz im schweizerischen Kanton Freiburg beschäftigt mittlerweile im dem Land am Bosporus 90 Mitarbeiter. Neben dem Standort in Istanbul betreibt Liebherr in der Türkei inzwischen eine zweite Niederlassung in der Hauptstadt Ankara.

Frisch lackiert: Das Segment eines Turmdrehkrans hat kurz zuvor in der neuen Lackiererei des Liebherr-Werkes in Biberach seine typische Farbe erhalten.   (Foto: Heiko Metzger)
Frisch lackiert: Das Segment eines Turmdrehkrans hat kurz zuvor in der neuen Lackiererei des Liebherr-Werkes in Biberach seine typische Farbe erhalten. (Foto: Heiko Metzger)

Megaprojekte in Istanbul
Der Neubau des Flughafens reiht sich in eine Serie großer Infrastrukturprojekte ein, die die türkische Regierung rund um die Metropole Istanbul angestoßen hat. So wurde erst im August dieses Jahres die Yavuz-Sultan-Selim-Brücke eröffnet. Die kombinierte Auto- und Eisenbahnbrücke, deren Bauzeit nur knapp über drei Jahr betrug, ist die dritte Brücke über den Bosporus. Sie überspannt die Meerenge auf einer Länge von über 2.160 Meter.
Drei Jahre zuvor, 2013, war der erste Tunnel, der den Bosporus unterquert, eröffnet worden. Der 13,6 Kilometer lange Tunnelneubau liegt bis zu 56 Meter unter dem Meeresspiegel.
Außerdem plant die Regierung einen Kanal parallel zum Bosporus zu graben, der die dicht befahrene Wasserstraße entlasten soll. Für das Jahr 2023 ist die Fertigstellung des „Istanbul Kanals“ vorgesehen.

Nüchterne Zahlen zum Flughafen
Der im Bau befindliche Flughafen von Istanbul steht diesen Mega-Projekten in nichts nach. Seine Gesamtfläche von 76,5 Mio. Quadratmeter entspricht der Fläche von mehr als 10.700 Fußballfeldern. Allein das Hauptterminal soll über eine Konstruktionsfläche von 1,3 Mio. Quadratmeter und eine Dachfläche von 450.000 Quadratmeter verfügen. 1 Mio. Kubikmeter Beton und 180.000 Tonnen Bewehrungsstahl sollen im Terminal verbaut werden. Auf seinen sechs Pisten sollen täglich 3.500 Starts und Landungen erfolgen.
Bei diesen Dimensionen verwundert es nicht, dass 58 Turmdrehkrane dauerhaft auf der Baustelle aufgebaut sind.
Nachdem die ersten Anfragen des bauausführenden Konsortiums bei Liebherr eingegangen waren, „führten wir verschiedene Besuche mit den Baustellenverantwortlichen vor Ort durch“, sagte Dominique Tasch, Vertriebs-Geschäftsführer der Liebherr-Werk Biberach GmbH. Ziel der Besuche sei es gewesen, „eine möglichst wirtschaftliche Lösung des Turmdrehkran-Einsatzes zu finden“, so Tasch weiter.

Internationale Produktion
Im Biberacher Liebherr-Werk befindet sich das Hauptquartier des Konzerns für die Geschäftssparte Turmdrehkrane. Doch Liebherr fertigt längst nicht nur im baden-württembergischen Biberach Turmdrehkrane. Das Unternehmen betreibt weltweit vier weitere Produktionsstandorte: im spanischen Pamplona, im brasilianischen Guaratinguetá, im indischen Pune und in der russischen Industrie-Metropole Nischni Nowgorod.
Nachdem die technisch bestmögliche Turmdrehkran-Lösung für die Istanbuler Flughafen-Baustellen gefunden war (10 Turmdrehkrane vom Typ 154 EC-H, 32 vom Typ 280 EC-H und 16 vom Typ 200 EC-H), begannen im März 2015 die Verhandlungen über den Preis und die Lieferzeiten. Am 12. Mai wurde der Vertrag unterschrieben und Liebherr verpflichtete sich zu einem sehr ambitionierten Zeitplan. Bereits „Ende Juni, also nur wenige Wochen nach Vertragsunterzeichnung, mussten die ersten Turmdrehkrane ausgeliefert werden“, so Biberach-Werk-Geschäftsführer Tasch. Der letzte der 58 Krane verließ das Werk gen Istanbul termingerecht am 21. Dezember 2015. Dabei sei die Kran-Produktion auch ohne den türkischen Großauftrag bereits gut ausgebucht gewesen, so Günther Hardock, Produktions-Geschäftsführer der Liebherr-Werk Biberach GmbH.
Doch die mit dem Istanbuler Baukonsortium geschlossene Vereinbarung umfasste nicht nur die Lieferung der Turmdrehkrane. Liebherr garantierte in Kooperation mit seiner türkischen Vertriebsniederlassung einen Rund-um-die-Uhr-Service auf der Flughafen-Baustelle, wo Liebherr zudem ein Ersatzteillager für seine Turmdrehkrane eingerichtet hat. „Auch ein 24-Stunden-Service der Servicetechnikern hier in Biberach ist sichergestellt“, so Geschäftsführer Tasch.

Mittlerweile hat Liebherr schon einen Auftrag an Land ziehen können, der relativ ähnlich gelagert ist wie der Istanbuler Auftrag: Der Konzern liefert 23 Flat-Top-Krane der Baureihe EC-B für die Flughafenerweiterung in der chilenischen Hauptstadt Santiago de Chile.

Erschienen in Ausgabe: November 2016 | Seite 10

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