von Jasch Zacharias
Auftragslage ist optimal, aber Zahlungsmoral sinkt
Studie des Kreditversicherers Euler-Hermes
DBU/Berlin – Der weltweite Bauboom erhält nach etwa zehn Jahren einen Dämpfer. Nur in Deutschland hält die positive Stimmung an. Zu diesem Schluss kommt die neue Studie des Kreditversicherers Euler Hermes. Der weltweite Marktführer mit Hauptsitz in Paris beobachtet über ein firmeneigenes Monitoring-System die Insolvenzentwicklung kleiner, mittlerer sowie multinationaler Unternehmen und hat den Konjunkturzyklus der Branche analysiert .
Im Jahr 2018 verzeichnet die Baubranche mit einem Plus von 3,5 Prozent nochmals einen neuen Wachstumsrekord seit 2008. Allerdings ist dies voraussichtlich ein Wendepunkt: Danach trüben sich die Aussichten sukzessive ein. Für das Jahr 2019 wird ein Wachstum von 3,1 Prozent erwartet. In den Folgejahren soll das Wachstum dann parallel zur Entwicklung des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) weiter zurückgehen.
Wachstum bleibt in Deutschland vergleichsweise stabil
Diesem weltweiten Trend trotzt einzig und allein Deutschland. „Die deutsche Baubranche ist fast wie ein kleines gallisches Dorf bei Asterix und Obelix, das sich dem allgemeinen Trend widersetzt“, sagt Ron van het Hof, CEO von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „2018 ist zwar ein leichter Rückgang beim Wachstum zu beobachten, allerdings wird sich dieser – im Gegensatz zum weltweiten Trend – 2019 voraussichtlich nicht fortsetzen.“ Alles deshalb rosarot zu sehen, wäre dennoch gefährlich: Die jüngsten Euler-Hermes-Daten deuten darauf hin, dass die Zeit vorbei ist, in der sich die Liquidität und Bonität der Branche Jahr für Jahr verbessert haben. Seit Anfang 2018 steigen nach jahrelangem Rückgang die Pleiten im Bausektor in Deutschland an.“
Mehr Insolvenzen bei deutschen Bauunternehmen
In den letzten zwölf Monaten kam es zu 3.365 Insolvenzen bei deutschen Bauunternehmen. Das ist noch ein leichter Rückgang um drei Prozent im Vergleich zum Vorjahrszeitraum. Seit Jahresbeginn 2018 waren es jedoch 2.305 Pleiten, was einen Anstieg um drei Prozent bedeutet im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2017. Und auch die Zahl der durchschnittlichen Schäden von Unternehmen durch Insolvenzen hat sich zwischen 2015 und 2017 von 700.000 auf 1,5 Millionen Euro mehr als verdoppelt.
Zahlungsmoral ist wichtiges Frühwarnsystem für Trendwende
„Die Zahlungsmoral einer Branche ist ebenfalls ein wichtiges Frühwarnsystem, wenn sich eine Trendwende abzeichnet“, sagt Van het Hof. „Noch ist die Zahlungsmoral in der deutschen Baubranche besser als der bundesweite Durchschnitt – aber sie hat sich zuletzt verschlechtert. 2016 erhielten deutsche Baufirmen nach durchschnittlich 47 Tagen ihr Geld. 2017 mussten sie vier Tage länger warten.
Der bundesweite Durchschnitt der Zeitspanne zwischen Rechnungslegung und Bezahlung hat sich laut Studie gleichzeitig von 53 Tagen 2016 auf 54 Tage im Jahr 2017 verschlechtert. „Der leichte Rückgang des Wachstums in der deutschen Baubranche von 3,2 Prozent 2017 auf 2,9 Prozent für 2018 dürfte den negativen Trend bei der Zahlungsmoral und den Insolvenzen im weiteren Jahresverlauf bestätigen“, sagt Van het Hof. Trotzdem stehe die deutsche Baubranche deutlich besser da als ihre weltweiten Pendants. Der private Konsum und Investitionsaktivitäten seien ebenso positive Treiber wie die günstigen Finanzierungskonditionen durch niedrige Zinsen. Ein relativ niedriger Verschuldungsgrad unterscheidet die deutschen Unternehmen darüber hinaus von der internationalen Konkurrenz. Auch hatten die Unsicherheiten durch einen drohenden Handelskrieg zwischen China, Europa und den USA sowie das leicht eingetrübte Geschäftsklima noch keine negativen Auswirkungen auf die stark auf den nationalen Markt fokussierte Baubranche.
Instabile Bauwirtschaft in den Schwellenländern
Die weltweite Bauwirtschaft hat derweil zunehmend Probleme. Neben einer deutlichen Abkühlung des Wachstums hat sich dort die dafür signifikante Zahlungsmoral verschlechtert: So werden Rechnungen im globalen Schnitt erst nach 85 Tagen bezahlt. Zudem seien die Unternehmen generell schlecht auf das Ende des Baubooms vorbereitet. „Unsere Daten zeigen, dass das durchschnittliche Kreditrisiko der Branche gestiegen ist – obwohl die wirtschaftlichen Bedingungen sich verbessert haben. Wir sehen eine Verschlechterung in drei Bereichen: Nachfrage, Profitabilität und Liquidität“, so Ludovic Subran, Chefvolkswirt der Euler Hermes Gruppe.
Baubranche zählt zu riskantesten Sektoren für Versicherer
Überhaupt gehört die globale Baubranche bei Euler Hermes zu den riskantesten Sektoren: Nur der Metallsektor berge noch höhere Risiken. Besonders auf der Kippe stehen nach Angaben des Kreditversicherers die Bauunternehmen in den Schwellenländern. Nach riesigen Zuwachsraten bis zu 57 Prozent in den vergangenen Jahren seien dort 2018 die meisten Großpleiten beobachtet worden.
„Die Instabilität ist in die Schwellenländern gekommen, um erst einmal zu bleiben“, glaubt Subran. Dadurch seien auch viele Bau- und Infrastrukturprojekte gefährdet. Und nicht nur Bauprojekte stehen auf der Kippe, sondern auch die Unternehmen. Die Region Asien-Pazifik sei dabei definitiv der „Hot Spot“: Sie verzeichnete 18 der weltweit 41 Großpleiten im Baugewerbe in den ersten neun Monaten des Jahres 2018. Jasch Zacharias
von Jasch Zacharias
Erschienen in Ausgabe: Seite 5| Februar 2019