von Christian Schönberg

AKW Brokdorf weicht riesigem Batterie-Speicher

Brokdorf war die letzte Nuklearanlage mit fehlender Abbruchgenehmigung

Es gibt kein Zurück mehr: Wer vor den Bundestagswahlen noch mutmaßte, dass vielleicht doch noch ein Meiler reaktiviert wird und ans Netz geht, ist nach 100 Tagen CDU-geführter Bundesregierung eines Besseren belehrt worden. Der Atom-Ausstieg ist endgültig. Das Kernkraftwerk Brokdorf ist das letzte verbliebene, dessen Rückbau noch nicht begonnen hatte – bis 13. Dezember vorigen Jahres.

An jenem Freitag hatte der Betreiber Preussenelektra offiziell den Rückbau begonnen. Den Bescheid zu Stilllegung und Abbau erteilte das Land Schleswig-Holstein am 23. Oktober. Sieben Wochen später folgte die „Inkraftsetzung der letzten zustimmungspflichtigen Unterlagen“, wie der Betreiber vermeldete.

Rückbau von AKW Brokdorf betrifft 650.000 Tonnen Material

Der Rückbau wird sich bis weit ins nächste Jahrzehnt ziehen. Preussenelektra rechnet damit, dass 650.000 Tonnen Material anfallen werden. Der rein radioaktive Abfall, der im Schacht Konrad bei Salzgitter endgelagert werden soll, bildet nur 0,7 Prozent dieser Menge. Der gewaltige Rest gilt als Wertstoff – und wird gemäß dem deutschen Abfallrecht wiederverwertet, recycelt oder deponiert. Dazu sind während der Rückbauphase umfassende Untersuchungen nötig.

Die Begutachtungen sind Teil des Freigabeverfahrens für die Wertstoffe. Probenahmen, Messungen und intensive Prüfungen gehen dann der behördlichen Genehmigung einer Weiterverwendung voraus. Als unbedenklich gelten Materialien, die einen Wert von weniger als zehn Mikrosievert pro Person und Jahr nicht überschreiten.

Das ist laut Preussenelektra ein extrem geringer Wert. Internationale Regeln sehen Grenzmarken von „einigen zehn Mikrosievert“ vor. Es gibt natürliche Radioaktivität im Trinkwasser, die bei 100 Mikrosievert liegt. Durchschnittlich ist ein Mensch in Deutschland rund 2.000 Mikrosievert Radioaktivität ausgesetzt, rechnet Preussenelektra vor.

Komplettes Material wird auf Radioaktivität untersucht

Um die gesetzlichen Grenzwerte tatsächlich einzuhalten, wird das komplette Abbruchmaterial untersucht. Stichproben lässt lediglich die Behörde vornehmen – um die ermittelten Ergebnisse des Betreibers gegenzuprüfen. Entscheidend ist aber laut dem Betreiber „die Summe aller Messungen“, wie er betont.

Preussenelektra war der Stromproduzent mit den meisten Kernkraftwerken. RWE und EnBW verantworteten lediglich eine Handvoll der insgesamt rund 20 Standorte, Vattenfall zwei im Norden der Bundesrepublik. Mit seinen bislang schon laufenden sieben Abbauverfahren hat er viel Erfahrung angesammelt – am meisten mit den Kraftwerken in Würgassen (Nordrhein-Westfalen) und Stade im nördlichen Niedersachsen.

Brokdorf war zweifacher Weltmeister

Würgassen und Stade sind im Vergleich die kleinen Schwestern von Brokdorf. Das Kernkraftwerk dort war in zweien seiner 35 Betriebsjahre sogar Weltmeister: Nirgends war 1992 und 2005 innerhalb eines Jahres so viel Strom erzeugt worden wie dort an der Elbe. Zuletzt waren es knapp 11.000 Gigawattstunden.

Die Stromversorgung wird von dem Standort weiter betrieben. Geplant hat die zum E.on-Konzern gehörende Tochter den Bau eines Batteriespeichers – parallel zum Rückbau. Er soll den Strom der Windkraftanlagen aufnehmen. Das nahe gelegene Umspannwerk Wilster führt dem Speicher diese regenerative Energie zu. Der Batterie-Gigant soll schrittweise auf bis zu 800 Megawatt Leistung und eine Speicherkapazität von bis zu 1.600 Megawattstunden ausgebaut werden.

Foto: Pixabay/WolfBlur

von Christian Schönberg

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