Mauerwerksbau - von

Schlankes Ziegelmauerwerk mit Handstrichziegel verblendet

Neue Wohnsiedlung „Sieben Moislinge“ in Lübeck

München – Angesichts deutlich gestiegener Ansprüche an Wärmeschutz und Wohnkomfort modernisieren Wohnungsunternehmen sukzessive ihren Wohnungsbestand – so auch die Lübecker Grundstücks-Gesellschaft TRAVE mbH. Sie setzt dabei gelegentlich auf Abriss und attraktive Erneuerung mit hochwertigen Baumaterialien. So auch beim Neubau von sieben Mehrfamilienhäusern im Lübecker Stadtteil Moisling. Dieses Projekt verknüpft die bauphysikalische Güte wärmedämmender Unipor-Hintermauerziegel mit der ästhetischen Qualität einer Verblendschale aus Handstrichziegeln. Das Zusammenwirken mit einer nur sechs Zentimeter dicken Mineralwolle-Kerndämmung trägt maßgeblich zur Energieeffizienz bei.

Lübeck-Moisling ist ein Stadtteil im Südwesten der Hansestadt zwischen der Trave und dem Elbe-Lübeck-Kanal. Der Name geht zurück auf ein dort ursprünglich vorhandenes Gut der Familie von Moislingen. Der ehemals dörfliche Charakter veränderte sich nach dem Zweiten Weltkrieg erheblich und ist heute geprägt durch Wohnblöcke aus den 1960er Jahren.

Sozialer Wohnungsbau für Jung und Alt
Die Grundstücks-Gesellschaft TRAVE mbH betreut im Stadtgebiet insgesamt über 8.300 Wohnungen, davon rund 2.000 allein in Moisling. Ihr vorrangiges Ziel ist die Versorgung der Lü­becker Einwohner mit bezahlbarem Wohnraum. Dabei sollen alle Bevölkerungs- und Altersgruppen gleichermaßen berücksichtigt werden: Starterhaushalte und Senioren ebenso wie Singles und Familien. Dementsprechend gestaltet sich auch das Wohnungsangebot der neuen Wohnanlage am Schneewittchenweg sehr vielfältig. Es reicht von Zweizimmer-Wohnungen mit 49 Quadratmeter bis zu Vierzimmer-Wohneinheiten mit bis zu 91 Quadratmeter.
Nach dem Abriss von vier Bestandsgebäuden im Frühjahr 2016 entstehen hier sieben Mehrfamilien­häuser mit 93 öffentlich geförderten Wohnungen. Drei viergeschossige Häuser innerhalb der ansonsten dreigeschossigen Gebäudereihe setzen am Anfang, in der Mitte und am Ende einen städte­baulichen Akzent.
Die Viergeschosser sind für seniorengerechtes Wohnen ausgelegt: Alle Etagen werden über einen Aufzug erschlossen und sind barrierefrei nach DIN 18040 gestaltet.
Für Familien mit bis zu vier Personen stehen die dreigeschossigen Gebäude zur Verfügung. Jede Wohneinheit hat einen großzügig dimensionierten Balkon bzw. im Erdgeschoss eine Terrasse. Anstatt einer Unterkellerung ist in den einzelnen Wohnungen oder im Erschließungsraum jeweils ein Abstellraum vorgesehen. Die Neubauten unterscheiden sich in ihrem Erscheinungsbild deutlich vom früheren Gebäudebestand. Statt der einst stringenten, riegelförmigen Wohnbebauung sah der Entwurf des Architekturbüros Zastrow und Zastrow auf dem langen, schmalen Grundstück eine freie Positionierung vor. Die sieben neuen Gebäude reihen sich locker an einer Mittelachse in Nord-Süd-Richtung entlang. Bei den einzelnen Wohnhäusern sind dabei in einer nahezu quadratischen Grundform jeweils zwei Gebäudeflügel um eine mittlere, konisch zugeschnittene Gebäudezone angeordnet. Durch das Aufklappen eines Flügels abwechselnd zu einer und zur anderen Seite sowie das gegeneinander Verschieben der Flügel wird bei den einzelnen Gebäuden ein individueller Grundtypus geschickt variiert.
Die leicht wellenförmig angelegten Flachdächer sind ebenso wie die beige-braune Ziegel-Verblendschale optische Highlights. Sie vermitteln der Häuserreihe im Zusammenwirken mit den ungewöhnlichen Gebäudeformen eine besondere Ästhetik. Zugleich erwecken einheitliche Gestaltungselemente – wie die weißen Fenster und schlichte Stabgeländer – einen harmonischen Gesamteindruck.

Für zweischalige Fassade entschieden
Marie-Luise und Peter Zastrow entschieden sich nicht nur aus bauphysikalischen und wirtschaftlichen Gründen, sondern auch aufgrund optischer Aspekte bei den Fassaden für ein zweischaliges Mauerwerk. Die Außenwand setzt sich dabei zusammen aus tragendem Hintermauerwerk (d=36,5 Zentimeter) mit wärmedämmenden „Unipor W09“-Planziegeln, einer sechs Zentimeter dicken Mineraldämmplatte (Wärmeleitgruppe 032) als Kerndämmung und einer 11,5 Zentimeter starken Verblendschale aus Handstrichziegeln.
„Wir haben schon bei früheren Wohnungsbauprojekten für die TRAVE diesen Wandaufbau gewählt. Er hat in Norddeutschland eine lange Tradition. Dank der wirtschaftlich erreichten Außenwandqualität und des lebendigen Erscheinungsbildes mussten wir deshalb bei der Abstimmung mit dem Bauherrn eigentlich keine Überzeugungsarbeit mehr leisten“, erklärt Peter Zastrow.
Die erzielten bauphysikalischen Werte des Ziegel-Hintermauerwerkes sprechen für sich. So verbindet der von den Ziegelwerken Bergmann hergestellte „Unipor W09“-Planziegel dank seiner innovativen Dreieckslochung eine relativ hohe Festigkeitsklasse 8 mit einer geringen Wärmeleitfähigkeit von 0,09 W/(mK). Er trägt damit entscheidend zu einem niedrigen Wärmedurchgangskoeffizienten der Fassade von 0,16 W/(m²K) bei.
So lassen sich auch ohne zusätzliche Energieeinsparungen die verschärften Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) 2016 mühelos übertreffen.
„Ein zentraler Pluspunkt bei der Planung waren für uns die geringen Unterhaltskosten, die durch die Verblendschale gewährleistet werden“, betont der Technische Leiter und Prokurist der TRAVE, Dipl.-Ing. Architekt Stefan Kofeldt. „Es treten keine Putzrisse auf und Witterungsschäden durch Schlagregen und Frost werden vermieden. Auch die Gefahr einer Verfärbung durch Algenbildung ist minimal, sodass die Fassaden langfristig ihr attraktives Erscheinungsbild behalten“.

Besonders tragfähig durch deckelnden Dünnbettmörtel
Nach dem Abriss der alten Wohnblöcke im Frühjahr 2016 begann die Friedrich Schütt & Sohn Baugesellschaft unverzüglich mit dem Rohbau des ersten Gebäudes. Der „Unipor W09“-Planziegel im 12 DF-Format (247 mal 365 mal 249 Millimeter) ließ sich wegen seiner plangeschliffenen Lagerfläche entsprechend den Bestimmungen der Zulassung Z-17.1-1042 und der DIN 1045 zügig und mörtelsparend in deckelndem Dünnbettmörtel verlegen. Mithilfe von Mörtelschlitten stellten die Verarbeiter mühelos eine gleichmäßige Dünnbettmörtelschicht von einem Millimeter sicher. Auf eine Vermörtelung der Stoßfugen konnte aufgrund der Nut-Feder-Ausbildung an den Steinstirnseiten ebenfalls material- und zeitsparend verzichtet werden. Die Knirsch-Verlegung der Mauersteine trug neben den wirtschaftlichen Vorteilen zudem wesentlich zur hohen Tragfähigkeit der Innenschale bei.
Die Fassadenerstellung beaufsichtigt das Bauleitungsbüro Stefan Knabe und Arne Horn aufmerksam in allen Arbeitsschritten. Ein Hauptaugenmerk gilt dabei der Verhinderung von Wärmebrücken. So wurden die Stahlbetondecken bei ihrer Einbindung mit einer mineralischen Deckenranddämmung (60 Millimeter) ausgestattet und die Wohnungstrennwände zudem mit beidseitigen Dämmstreifen in die Außenwand eingebunden.
Bei den Wohnungstrennwänden kommt ebenfalls ein dafür maßgeschneidertes Produkt der Ziegelwerke Bergmann zum Einsatz. Der „Unipor-Verfüllziegel“ (Z.17.1-688) wird auch wirtschaftlich sinnvoll in Dünnbettmörtel verlegt. Er zeichnet sich nach der geschosshohen Verfüllung mit geeignetem Beton insbesondere durch sein hohes Schalldämmmaß aus. So beträgt der Rechenwert des bewerteten Schalldämmmaßes R’w,R bei einer gewählten Wanddicke von 30 Zentimeter 57 Dezibel und stellt dadurch ein ungestörtes, ruhiges Wohnen sicher.

Vorbild für weitere Sozialwohnungsneubauten
Ende Mai 2017 wurde Richtfest gefeiert. Bisher liegt man gut im Zeitplan. Voraussichtlich können die ersten Bewohner Anfang 2018 einziehen und das letzte Gebäude soll im Sommer 2018 bezugsfertig sein. Zu diesem Termin stehen den Bewohnern neben den insgesamt 61 PKW-Stellplätzen dann auch Außenanlagen mit Fahrradhäusern, gemeinschaftlichen Grünflächen und Spielplätzen für die Kinder zur Verfügung.

In Anlehnung an den Standort am Schneewittchenweg nannten die Anwohner die sieben neuen Wohngebäude schon während des Rohbaus liebevoll die „Sieben Mois­linge“. Mit Ausführungsqualität und Erscheinungsbild der erstellten Gebäude ist der Bauherr mehr als zufrieden.

„Die Wohnanlage hat Vorbildcharakter für weitere Neubauten im Sozialwohnungsbereich“, so Dr. Matthias Rasch, Geschäftsführer der TRAVE. „Zusammen mit den schon erfolgten Modernisierungsprojekten werden wir mit den gleichermaßen attraktiven wie preiswerten Mietwohnungen dem Stadtteil Moisling nach Jahren des Einwohnerrückgangs hoffentlich zu neuem Aufschwung verhelfen“.

Autor: Dipl.-Ing. Hans-Gerd Heye

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Erschienen in Ausgabe: April 2018 | Seite 31

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