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Londoner Großbrand stachelt Dämmdiskussion neuerlich an

Eigentümerverband poltert gegen Herstellerindustrie

DBU/Berlin – Die Dämmstoffindustrie ist neuerlich unter Druck geraten. Nach einer Brandkatastrophe in London ist die Diskussion um die Brandsicherheit von Gebäuden mit Polystyroldämmung wieder aufgekeimt. Eine der harschesten Kritiken kam von Immobilieneigentümerverband Haus & Grund. Verbandspräsident Kai Warnecke sagte: „Hauseigentümer und Mieter dürfen nicht die Versuchskaninchen der Baustoffindus­trie sein.“ Laut Warnecke liegt die Vermutung nahe, dass eine polystyrol-ähnliche Fassadendämmerung die Ausbreitung des Großbrandes in London begünstigt habe.

Grenfell Tower
In der Nacht vom 13. auf den 14. Juni war im Londoner Stadtteil North Kensington der 1974 errichtete und 70 Meter hohe Wohnturm Grenfell Tower nahezu komplett ausgebrannt. 79 Menschen (Stand vom 19. Juni) kamen bei dem infernalischen Brand ums Leben.
Hauseigentümer-Präsident Warnecke forderte, den Einsatz von Polystyrol zur Dämmung von Gebäudefassaden sofort auszusetzen. Im Zweifel müssten die bereits montieren Polystyroldämmungen entfernt und entsorgt werden. Die Kosten solle die Dämmstoffindus­trie tragen, so Warnecke.
Die Dämmstoffindustrie selbst hat noch kein Statement zum Londoner Unglück abgegeben. Hersteller und Verarbeitungsbetriebe arbeiteten auch eine Woche nach der Brandkatastrophe noch an einer branchenübergreifenden Stellungnahme.
Auch die Politik hat auf die Bilder aus London reagiert. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat angekündigt, die Vorschriften der Energieeinsparverordnung mit Blick auf mögliche Brandgefahren zu überprüfen. Dabei versicherte der CSU-Politiker zugleich, dass ein vergleichbarer Fassadenbrand wie in London in Deutschland ausgeschlossen sei. Und tatsächlich gelten in Deutschland deutlich striktere Brandschutzvorschriften als in Großbritannien.

Auch die Diskussion um die EU-Bauproduktverordnung wurde durch die Londoner Katastrophe neuerlich angeschoben. Die viel diskutierte Verordnung zielt auf eine europaweite Harmonisierung der Vorschrift für Bauprodukte. In diesem Zusammenhang hatte die Europäische Kommission wiederholt die deutschen Anforderungen an Dämmstoffe als einen Verstoß gegen die EU-Verordnung gewertet. Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes kritisiert die Position der Kommission und fordert, dass der Binnenmarkt für Bauprodukte nicht zu Lasten der Sicherheit und Gesundheit der Bürger gehen dürfe.

Erschienen in Ausgabe: Juli 2017 | Seite 1

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