Unternehmen -

Bei Carillion stehen die Bagger für immer still

Britischer Baukonzern ist pleite. Überbrückungsfinanzierung verweigert

DBU/Berlin – Der britische Baukonzern Carillon ist pleite. Mitte Januar hat der zweitgrößte Baukonzern Großbritanniens Insolvenz angemeldet und seine sofortige Zwangsauflösung beantragt. Zuvor waren Verhandlungen mit Banken und der britischen Regierung über eine Überbrückungsfinanzierung gescheitert.

Der Konzernkollaps hat weitreichende Folgen, nicht nur für Tausende Zulieferfirmen und die rund 43.000 Konzernbeschäftigte, die um ihre Jobs bangen. Auch Teile des öffentlichen Lebens in Großbritannien bekommen die Auswirkungen der Carillion-Pleite direkt zu spüren. Denn der Konzern mit Sitz im mittelenglischen Wolverhampton war nicht nur ein Gigant der Baubranche, auch im Dienstleistungssektor Großbritanniens zählte er zu den großen Akteuren. Unter anderem betrieb Carillion Gefängnisse, reinigte Krankenhäuser und war für deren Essensversorgung verantwortlich. Der Konzern pflegte technische Anlagen des heimischen Schienennetzes und lieferte jeden Tag 32.000 warme Mittagessen an britische Schulen aus. Denn in Großbritannien haben Vorschulkinder und Schüler der untersten Klassenstufen sowie Kinder aus einkommensschwachen Familien an den staatlichen Schulen Anspruch auf ein kostenloses warmes Mittagessen.

Bekannte Probleme
Dabei waren die Finanzprobleme Carillions längst bekannt. Im Juli 2017 hatte der Konzern seine Gewinnprognose nach unten korrigieren müssen. Doch die Geschäftsaussichten des Konzerns trübten sich weiter ein. Bereits im September folgte eine zweite Gewinnwarnung und im November schließlich eine dritte.
Zur Begründung der erodierenden Gewinnaussichten verwies die Carillion-Spitze wiederholt auf negative Folgen der Brexit-Entscheidung, aber aucch auf Fehlkalkulationen bei einzelnen Projekten, auf die schlechte Zahlungsmoral der Kunden und auf Objektverkäufe, die unerwartet schlecht liefen. Zugleich wuchs der Schuldenberg des Konzern weiter an – auf zuletzt rund 2,2 Milliarden Pfund (etwa 2,5 Milliarden Euro). Allein in der Pensionkasse des Konzerns fehlten etwa 600 Mio. Pfund. Damals begannen die Verhandlungen mit den Banken. In deren Folge wurden Schulden umgeschichtet und Überbrückungskredite gewährt.
Ebenso deutlich wie heftig reagierte die Börse auf die Serie schlechter Nachrichten: Notierte die Aktie des Carillion-Konzerns Anfang Juli 2017 noch über 2 Pfund, kostete das Wertpapier bereits Mitte November weniger als 0,2 Pfund das Stück.

Internationales Renomee
Auf dem globalen Baumarkt genoss Carillion, das 1999 aus der Zerschlagung des britischen Tarmac-Konzerns hervorging, einen guten Ruf und konnte prestigeträchtige Aufträge an Land ziehen. So errichteten die Briten im arabischen Sultanat Oman das Parlamentsgebäude und die Große Sultan-Qabus-Moschee. Auch die weltberühmte Tate Gallery of Modern Art im Herzen Londons wurde von Carillion realisiert.

Der Carillion-Zusammenbruch hat auch ein politisches Nachspiel. Die oppossitionelle Labour-Party will einen Ausschuss einberufen, der die Rolle der britischen Regierung hinterleuchten soll.

Erschienen in Ausgabe: Februar 2018 | Seite 3

Zurück